Die britische Zeitung «Times» hat ein Interview mit dem ehemaligen New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio veröffentlicht und kurz darauf wieder gelöscht. De Blasio selbst bezeichnete den Artikel als «vollkommen falsch und fabriziert» und bestritt, jemals mit der Zeitung gesprochen zu haben. Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen der journalistischen Sorgfaltspflicht im digitalen Zeitalter.
Der Artikel, der sich auf die bevorstehende Bürgermeisterwahl in New York bezog, wurde nach de Blasios öffentlichem Dementi schnell von der Website der Zeitung entfernt. Die «Times» erklärte später, ein Betrüger habe sich als der frühere Bürgermeister ausgegeben und den zuständigen Reporter getäuscht.
Die wichtigsten Punkte
- Die britische Zeitung «Times» veröffentlichte ein angebliches Exklusiv-Interview mit Bill de Blasio.
- De Blasio dementierte das Gespräch umgehend über die Plattform X und nannte es eine Fälschung.
- In dem gefälschten Interview wurden ihm kritische Aussagen über den Bürgermeisterkandidaten Zohran Mamdani zugeschrieben.
- Die «Times» zog den Artikel zurück, entschuldigte sich und gab an, Opfer eines Betrugs geworden zu sein.
- Der Vorfall ereignet sich kurz vor der New Yorker Bürgermeisterwahl am 4. November.
Ein brisanter Artikel im Wahlkampf
Am Dienstag erschien auf der Webseite der «Times» ein Artikel mit der Überschrift: «Bill de Blasio, Verbündeter von Zohran Mamdani, sagt, seine Politik sei ‹nicht schlüssig›». In dem Beitrag wurde der ehemalige Bürgermeister mit Aussagen zitiert, die die politischen Pläne des favorisierten Kandidaten Zohran Mamdani als unrealistisch darstellten. Dies erzeugte sofort Aufmerksamkeit, da de Blasio öffentlich als Unterstützer Mamdanis gilt.
Die Veröffentlichung erfolgte zu einem kritischen Zeitpunkt. New York wählt am 4. November einen neuen Bürgermeister. Der 34-jährige Mamdani gilt in der liberalen Metropole als Favorit. Sein Wahlprogramm umfasst unter anderem eine Mietpreisbremse und kostenlose Kinderbetreuung, was ihn im linken politischen Spektrum positioniert.
Die angebliche Kritik
Dem gefälschten Interview zufolge soll de Blasio die Visionen seines politischen Verbündeten als schwer umsetzbar bezeichnet haben. Solche Aussagen von einem prominenten Unterstützer wie de Blasio, der die Stadt von 2014 bis 2021 regierte, hätten das Potenzial gehabt, Mamdanis Kampagne kurz vor dem Wahltag erheblich zu schaden. Die angebliche Kritik aus den eigenen Reihen wäre für politische Gegner ein willkommenes Argument gewesen.
De Blasios schnelle und klare Zurückweisung
Die Reaktion von Bill de Blasio liess nicht lange auf sich warten. Über die Social-Media-Plattform X, ehemals Twitter, wandte er sich an die Öffentlichkeit und stellte die Situation unmissverständlich klar. «Dieses angebliche Interview mit mir ist vollkommen falsch und fabriziert», schrieb der Demokrat.
«Ich habe weder mit der Zeitung gesprochen, noch die mir zugeschriebenen Aussagen über Zohran Mamdani gemacht», fuhr de Blasio fort und forderte die «Times» auf, den Beitrag umgehend zu entfernen, da er gegen jegliche journalistische Ethik verstosse.
Gleichzeitig nutzte er die Gelegenheit, seine politische Position zu bekräftigen. Er stellte klar, dass er Mamdani weiterhin unterstütze und dessen Vision für New York für «sowohl nötig als auch umsetzbar» halte. Diese schnelle und direkte Kommunikation verhinderte, dass sich die Falschinformation weiter unkontrolliert verbreiten konnte.
Der New Yorker Wahlkampf
Die Bürgermeisterwahl am 4. November verspricht spannend zu werden. Neben dem Favoriten Zohran Mamdani kandidieren auch der frühere Gouverneur Andrew Cuomo und der Republikaner Curtis Sliwa. Der amtierende Bürgermeister Eric Adams tritt nach einem Korruptionsskandal nicht erneut an, was das Feld für neue Kandidaten öffnet.
Die Reaktion der «Times» und offene Fragen
Berichten der «New York Times» und der «Washington Post» zufolge reagierte die britische «Times» auf de Blasios Dementi. Rund zwei Stunden nach der Veröffentlichung wurde der Artikel von der Website genommen. Eine offizielle Erklärung der Zeitung folgte kurz darauf.
Ein Sprecher der «Times» teilte mit, dass die Zeitung offenbar von einer Person getäuscht wurde, die sich fälschlicherweise als Bill de Blasio ausgegeben hatte. Man habe sich bei dem ehemaligen Bürgermeister für den Fehler entschuldigt. Dieser Vorfall wirft jedoch ernste Fragen bezüglich der Verifizierungsprozesse bei einer so renommierten Publikation auf.
Journalistische Standards auf dem Prüfstand
In der Medienbranche ist die Überprüfung von Quellen und Identitäten ein fundamentaler Bestandteil der journalistischen Arbeit, insbesondere bei Exklusiv-Interviews mit hochrangigen Persönlichkeiten. Wie es einem Betrüger gelingen konnte, einen Reporter der «Times» zu täuschen, bleibt vorerst unklar. Üblicherweise werden solche Gespräche durch mehrere Kanäle abgesichert, etwa über offizielle Pressestellen oder bekannte Vermittler.
Der Fall zeigt, wie anfällig auch etablierte Medienhäuser für gezielte Desinformationskampagnen sein können. In einem politisch aufgeladenen Umfeld wie dem New Yorker Bürgermeisterwahlkampf können gefälschte Nachrichten erheblichen Schaden anrichten, selbst wenn sie schnell korrigiert werden.
Die Gefahr von «Impersonation»
Sich als eine andere Person auszugeben, auch «Impersonation» genannt, ist eine bekannte Taktik, um Falschinformationen zu streuen. Im digitalen Zeitalter wird dies durch Technologien wie E-Mail-Spoofing oder sogar KI-generierte Stimmen erleichtert. Journalisten stehen vor der wachsenden Herausforderung, die Authentizität ihrer Gesprächspartner zweifelsfrei sicherzustellen.
Ein Weckruf für die Medienbranche
Der Vorfall um das gefälschte de Blasio-Interview dient als Mahnung für Redaktionen weltweit. Die Geschwindigkeit des digitalen Nachrichtengeschäfts darf nicht auf Kosten der Sorgfaltspflicht gehen. Die Notwendigkeit robuster Verifizierungsprotokolle ist offensichtlicher denn je, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Medien nicht weiter zu untergraben.
Für Bill de Blasio und Zohran Mamdani ging die Angelegenheit glimpflich aus, da die Fälschung schnell aufgedeckt wurde. Doch der Vorfall unterstreicht die Fragilität der Informationslandschaft und die Verantwortung, die auf den Schultern von Journalisten lastet, Fakten gründlich zu prüfen, bevor sie veröffentlicht werden.





