Nach gravierenden Baumängeln beim Erweiterungsbau der Integrierten Psychiatrie Winterthur-Zürcher Unterland (IPW) hat der Zürcher Regierungsrat eine finanzielle Lösung beschlossen. Der Kanton übernimmt mit 6,45 Millionen Franken den grössten Teil des entstandenen Schadens von insgesamt 8,6 Millionen Franken. Diese Entscheidung soll ein langwieriges Rechtsverfahren zwischen kantonalen Stellen verhindern.
Die Mängel, die zu einer Verzögerung von eineinhalb Jahren und erheblichen Mehrkosten führten, betrafen grundlegende Sicherheitsstandards wie den Brand- und Schallschutz. Die verantwortliche Baufirma ist mittlerweile insolvent, was die Aufarbeitung des Falls erschwert.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Baumangel beim Erweiterungsbau der Klinik Schlosstal der IPW verursachte einen Schaden von 8,6 Millionen Franken.
- Der Kanton Zürich übernimmt drei Viertel der Kosten, also 6,45 Millionen Franken, um ein internes Rechtsverfahren zu vermeiden.
- Die verantwortliche Gipserfirma ist in Konkurs gegangen und kann nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden.
- Die Eröffnung des Neubaus verzögerte sich durch die notwendigen Sanierungsarbeiten um 18 Monate.
Ein teurer Baumangel mit weitreichenden Folgen
Im Frühling dieses Jahres konnte die Integrierte Psychiatrie Winterthur-Zürcher Unterland (IPW) endlich ihren Erweiterungsbau in der Klinik Schlosstal in Winterthur-Wülflingen in Betrieb nehmen. Der Einzug erfolgte jedoch mit einer Verspätung von rund 18 Monaten. Grund dafür war ein schwerwiegender Baumangel, der während der Bauphase entdeckt wurde.
Eine beauftragte Gipserfirma hatte rund 250 Trockenbauwände fehlerhaft installiert. Bei einer routinemässigen Baukontrolle wurde festgestellt, dass die Wände weder die gesetzlichen Anforderungen an den Brandschutz noch an den Schallschutz erfüllten. Diese Entdeckung machte eine umfassende und kostspielige Sanierung unumgänglich, bevor das Gebäude sicher genutzt werden konnte.
Die finanziellen Auswirkungen des Schadens
Die Gesamtkosten, die durch diesen Baufehler entstanden, belaufen sich auf rund 8,6 Millionen Franken. Diese Summe setzt sich aus verschiedenen Posten zusammen:
- Kosten für die Sanierung der mangelhaften Wände
- Miet- und Unterhaltskosten für Ersatzliegenschaften während der Verzögerung
- Ertragsausfälle, die der IPW durch die verspätete Inbetriebnahme entstanden sind
Diese unvorhergesehenen Ausgaben stellten eine erhebliche finanzielle Belastung für die als kantonale Anstalt geführte IPW dar. Das ursprüngliche Budget für den Erweiterungsbau, der insgesamt 171 Millionen Franken kostete, wurde dadurch deutlich überschritten.
Zahlen zum Schadenfall
- Gesamtschaden: 8,6 Millionen CHF
- Anteil des Kantons: 6,45 Millionen CHF (75 %)
- Anteil der IPW: 2,15 Millionen CHF (25 %)
- Bauverzögerung: 1,5 Jahre
- Gesamtkosten des Projekts: 171 Millionen CHF
Die Suche nach der Verantwortlichkeit
Die Klärung der Haftungsfrage gestaltete sich als äusserst schwierig. Das verantwortliche Gipserunternehmen meldete Konkurs an und konnte somit nicht mehr für den entstandenen Schaden belangt werden. Dies machte die Situation für die IPW noch komplizierter.
Weitere involvierte Parteien wiesen eine Verantwortung von sich. Das Architekturbüro, das die Gesamtleitung des Bauprojekts innehatte, bestritt eine mangelhafte Bauaufsicht. Ebenso lehnten die beteiligten Haftpflichtversicherungen eine Leistungspflicht ab. Angesichts dieser verfahrenen Situation drohte ein langwieriger und teurer Rechtsstreit, um die Verantwortlichkeiten gerichtlich klären zu lassen.
Was ist die IPW?
Die Integrierte Psychiatrie Winterthur – Zürcher Unterland (IPW) ist eine öffentliche Institution des Kantons Zürich. Sie ist für die psychiatrische Versorgung von rund 360'000 Einwohnerinnen und Einwohnern in den Bezirken Winterthur, Andelfingen, Dielsdorf und Bülach zuständig. Als kantonale Anstalt untersteht sie der Aufsicht der Gesundheitsdirektion.
Kantonale Einigung zur Schadensregulierung
Um ein komplexes Rechtsverfahren zwischen der kantonalen Verwaltung und einer ihr unterstellten Anstalt wie der IPW zu vermeiden, hat der Zürcher Regierungsrat nun eine pragmatische Lösung gefunden. In einem kürzlich veröffentlichten Beschluss wird dargelegt, dass ein solcher interner Rechtsstreit nicht im Interesse der Steuerzahlenden wäre.
Der Regierungsrat hält fest, dass die Vermeidung eines aufwendigen Rechtsverfahrens zwischen der kantonalen Verwaltung und einer kantonalen Anstalt im öffentlichen Interesse liegt.
Die getroffene Vereinbarung sieht eine klare Aufteilung des Schadens vor. Der Kanton Zürich übernimmt drei Viertel der Kosten, was einem Betrag von 6,45 Millionen Franken entspricht. Dieser Betrag wird solidarisch von drei kantonalen Direktionen getragen:
- Gesundheitsdirektion
- Baudirektion
- Finanzdirektion
Die IPW selbst trägt das verbleibende Viertel des Schadens, also rund 2,15 Millionen Franken.
Regelung für zukünftige Ansprüche
Die Vereinbarung regelt auch das weitere Vorgehen bezüglich möglicher Schadenersatzansprüche gegenüber Dritten. Die IPW wurde beauftragt, diese Ansprüche auf eigene Kosten weiterzuverfolgen. Dies bedeutet, dass die IPW versuchen wird, das Architekturbüro oder andere beteiligte Firmen doch noch zur Verantwortung zu ziehen.
Sollten diese Bemühungen erfolgreich sein und Gelder fliessen, wurde eine klare Aufteilung der Einnahmen festgelegt. Die IPW darf ein Viertel der eingetriebenen Summe für sich behalten, um ihren eigenen Schadenanteil und die entstandenen Rechtskosten zu decken. Die restlichen drei Viertel müssen an den Kanton abgeliefert werden, um dessen Ausgaben zu kompensieren.
Diese Regelung stellt sicher, dass der Kanton an möglichen zukünftigen Erfolgen partizipiert, während der IPW ein Anreiz gegeben wird, die rechtlichen Möglichkeiten konsequent auszuschöpfen. Der Fall unterstreicht die Komplexität und die finanziellen Risiken bei grossen öffentlichen Bauprojekten, insbesondere wenn es um die Überwachung und die Haftung der beteiligten Unternehmen geht.





