In Winterthur herrscht Uneinigkeit zwischen dem Stadtparlament und dem Stadtrat bezüglich des Budgets. Dieser Konflikt, der sich jährlich wiederholt, hat nun drei Kantonsräte dazu bewogen, eine Änderung des Gemeindegesetzes vorzuschlagen. Ihr Ziel ist es, Pauschalkürzungen im Budget klar zu regeln und damit zukünftige Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Die Initiative kommt, nachdem eine Mehrheit im Stadtparlament letztes Jahr pauschale Einsparungen von sieben Millionen Franken forderte, der Stadtrat sich jedoch weigerte und Klage einreichte. Die nun vorgeschlagene Gesetzesänderung soll den Gemeinden mehr Klarheit und Handlungsspielraum bei der Budgetgestaltung geben.
Wichtige Punkte
- Drei Kantonsräte fordern eine Gesetzesänderung für Pauschalkürzungen.
- Ziel ist die Klärung der Budgetkompetenzen zwischen Parlament und Stadtrat.
- Der Vorschlag sieht Kürzungen von bis zu fünf Prozent bei Personal- und Sachkosten vor.
- Ein Bezirksratsentscheid zur letzten Budgetdebatte sorgte für Unklarheit.
Hintergrund des Konflikts
Der Konflikt um Pauschalkürzungen im Budget ist in Winterthur nicht neu. Bereits 2014 beschrieb SRF eine ähnliche Situation im Zürcher Kantonsrat. Das Muster ist oft dasselbe: Das Parlament beschliesst generelle Einsparungen, aber die Regierung fordert konkrete Anweisungen, wo genau gespart werden soll.
Im vergangenen Jahr eskalierte die Situation in Winterthur. Eine Koalition aus bürgerlichen Parteien und Mitteparteien im Stadtparlament verlangte vom Stadtrat, pauschal sieben Millionen Franken einzusparen. Der Stadtrat lehnte dies ab und legte Beschwerde beim Bezirksrat ein.
Kontext: Gewaltenteilung
Der Bezirksrat fällte einen ambivalenten Entscheid. Er bestätigte den Sparauftrag im Grundsatz, wies aber auch auf eine mögliche Verletzung der Gewaltenteilung hin. Diese Entscheidung führte zu keiner klaren Lösung, da beide Seiten sie zu ihren Gunsten interpretierten. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung des Streits bei der kommenden Budgetdebatte im Dezember.
Die Motion der Kantonsräte
Um diese Unsicherheit zu beenden, haben drei Kantonsräte eine Motion eingereicht. Thomas Anwander (Mitte, Winterthur), Mario Senn (FDP, Adliswil) und Patrick Walder (SVP, Dübendorf) wollen das Gemeindegesetz für Parlamentsgemeinden anpassen. Ihr Vorschlag sieht vor, dass pauschale Kürzungsanträge durch das Parlament möglich sein müssen, ohne dass das gesamte Budget zurückgewiesen wird.
«Nach dem Entscheid des Bezirksrats ist eine grosse Unsicherheit zurückgeblieben», erklärt Thomas Anwander. «Deshalb ist es sinnvoll, Pauschalkürzungen verbindlich zu regeln. In gewissem Masse sind sie schlicht nötig.»
Anwander betont, dass die Budgethoheit zwar beim Parlament liege. Er fügt jedoch hinzu, dass man realistisch bleiben müsse. Das umfassendste Wissen darüber, wo am effektivsten gespart werden kann, liege bei der Exekutive und der Verwaltung. Die Parlamente verfügten oft nicht über die nötigen zeitlichen und personellen Ressourcen, um sich in alle Details einzuarbeiten.
Vorschlag für Obergrenzen und Flexibilität
Die Kantonsräte schlagen konkrete Rahmenbedingungen für Pauschalkürzungen vor. Sie sollen sich auf die beiden grössten Budgetposten konzentrieren: den Personalaufwand und die Sachkosten. Hier sollen pauschale Kürzungsaufträge von bis zu fünf Prozent des jeweiligen Postens möglich sein.
Fakten zu Pauschalkürzungen
- Vorgeschlagene Obergrenze: 5 Prozent der Personal- und Sachkosten.
- Betrifft die beiden grössten Ausgabenbereiche der Gemeinden.
- Soll Flexibilität ermöglichen und Verhältnismässigkeit wahren.
«Es braucht eine gewisse Flexibilität, aber auch eine Obergrenze, damit es verhältnismässig bleibt», so Anwander. Diese Regelung soll den Gemeinden einen klaren rechtlichen Rahmen bieten und gleichzeitig sicherstellen, dass die Kürzungen nicht willkürlich erfolgen.
Reaktionen und offene Fragen
Das Finanzdepartement der Stadt Winterthur begrüsst grundsätzlich eine rechtliche Klärung der Situation. Es sieht jedoch einen «unlösbaren Widerspruch» in dem Vorschlag. Einerseits lege das Parlament die Budgets für einzelne Produktgruppen fest, andererseits überlasse es dem Stadtrat die Entscheidung, wo genau gekürzt werden solle. Diese doppelte Zuständigkeit könnte weiterhin zu Problemen führen.
Im Kantonsrat Zürich sind Pauschalkürzungen bereits eine etablierte Praxis. Die bürgerlichen Parteien haben diese Art von Sparaufträgen dort schon lange durchgesetzt. Ein aktuelles Beispiel ist eine Kürzung von 50 Millionen Franken, die zulasten eines speziellen Pauschalkontos vorgenommen wurde. Dies zeigt, dass solche Mechanismen auf kantonaler Ebene bereits funktionieren.
Blick in die Zukunft
Die Motion der drei Kantonsräte soll nun im Kantonsrat diskutiert werden. Eine positive Entscheidung könnte weitreichende Folgen für die Budgetprozesse in den Gemeinden haben. Ziel ist es, die Verantwortlichkeiten klarer zu definieren und die Zusammenarbeit zwischen Parlament und Exekutive zu verbessern.
Die Befürworter hoffen auf eine Lösung, die sowohl die Budgethoheit des Parlaments respektiert als auch die operativen Möglichkeiten der Exekutive berücksichtigt. Eine verbindliche Regelung könnte den jährlichen Budgetstreit in Winterthur beenden und für mehr Planungssicherheit sorgen.
Es bleibt abzuwarten, wie die Debatte im Kantonsrat verlaufen wird und ob die vorgeschlagene Gesetzesänderung die gewünschte Klarheit bringen kann. Für die Stadt Winterthur und ihre Finanzplanung ist eine baldige und definitive Lösung von grosser Bedeutung.





