Wildschweine haben in einem Maisfeld in Truttikon, einer Gemeinde im Zürcher Weinland, gezielt eine bestimmte Maissorte gefressen und andere verschmäht. Acht Reihen eines ertragreichen Maises wurden kahl gefressen, während die umliegenden Pflanzen unberührt blieben. Dieses Verhalten gibt Einblicke in die selektive Futtersuche der Tiere.
Wichtige Erkenntnisse
- Wildschweine in Truttikon haben spezifisch eine von zwei Maissorten gefressen.
- Die kantonale Jagdverwaltung bestätigt die Präferenz von Wildschweinen für bestimmte Maissorten.
- Futterbauexperten erklären, dass Verdauung und Reifegrad die Wahl beeinflussen.
- Trotz Vorlieben bleiben Wildschweine in ihrem Verhalten unberechenbar.
Selektives Fressverhalten in Truttikon
Ein Maisfeld in Truttikon zeigt deutliche Spuren von Wildschweinen. Landwirt Thomas Haupt stellte fest, dass die Tiere nur eine bestimmte Sorte gefressen haben. Acht Reihen des Maisfeldes sind komplett leer. Der Rest der über 300 Meter langen Fläche blieb unversehrt. Dies deutet auf eine klare Präferenz der Wildschweine hin.
Thomas Haupt erklärt, dass er aus der Not heraus eine zweite Maissorte säen musste. Der ursprüngliche Samen war ausgegangen. Die neu eingesäte Sorte ist bekannt für ihren hohen Ertrag an Silo, Stärke und Energie. Zudem gilt sie als gut verdaulich. Die von den Wildschweinen ignorierte Sorte besitzt diese Eigenschaften nicht im gleichen Masse.
«Beim Säen ging der Samen aus, und wir mussten für zwei Saatbreiten eine andere Sorte verwenden», sagt der betroffene Landwirt Thomas Haupt.
Faktencheck: Mais in Truttikon
- Betroffene Fläche: Acht Maisreihen
- Gesamtlänge des Feldes: Über 300 Meter
- Bevorzugte Sorte: Hoher Ertrag an Silo, Stärke, Energie und gute Verdaulichkeit
Bestätigte Präferenzen der Wildschweine
Die kantonale Jagdverwaltung kennt das Phänomen. Anfragen zeigen, dass Wildschweine tatsächlich einzelne Maissorten bevorzugen. Frühere Projekte und Versuche haben dies mehrfach bestätigt. Das Verhalten der Tiere ist nicht neu. Es wird seit Langem beobachtet und untersucht.
Hanspeter Hug, Futterbauexperte am Strickhof in Lindau, einem Kompetenzzentrum für nachhaltige Ernährungssysteme, bestätigt diese Beobachtungen. Er sagt, dass Wildschweine auf die Bekömmlichkeit achten. Sie wählen Sorten, die gut für ihre Verdauung sind. Dies ist ein wichtiger Faktor bei der Futtersuche. Trotzdem bleiben die Tiere unberechenbar.
Unberechenbarkeit der Wildschweine
Hug betont die Unberechenbarkeit der Wildschweine. Ein Beispiel aus Benken verdeutlicht dies. Dort wurde für einen Versuch bewusst gelb- und weisskörniger Mais ausgesät. Weisskörniger Mais ist weniger züchterisch bearbeitet und schlechter verdaulich für Tiere. Zuerst frassen die Wildschweine nur die gelbkörnige Sorte. Dies führte zu der Annahme, man hätte eine Lösung gefunden. Später frassen sie jedoch auch den weisskörnigen Mais, als dieser grossflächig ausgesät wurde.
Hintergrund: Der Strickhof
Der Strickhof in Lindau ist ein Kompetenzzentrum für nachhaltige Ernährungssysteme. Er bietet Aus- und Weiterbildung in Landwirtschaft, Hauswirtschaft und Gartenbau. Zudem betreibt er Forschung und Beratung. Hanspeter Hug arbeitet dort seit 2020 als Fachspezialist für Futterbau.
Faktoren der Futterwahl
Die Wahl der Nahrung durch Wildschweine hängt von vielen Faktoren ab. Hanspeter Hug nennt verschiedene Aspekte. Dazu gehören der Zeitpunkt des Zugangs zum Maisfeld und das alternative Nahrungsangebot. Auch der Reifegrad des Maises und sein Geschmack spielen eine Rolle. Der Standort, an dem der Mais wächst, ist ebenfalls wichtig. Diese komplexen Zusammenhänge machen die Vorhersage des Wildschweinverhaltens schwierig.
Hug fasst das Verhalten der Wildschweine mit einem Sprichwort zusammen: «Am Ende funktionieren auch die Sauen nach dem Prinzip: In der Not frisst der Teufel Fliegen.» Das bedeutet, bei Mangel an bevorzugter Nahrung nehmen sie auch weniger attraktive Optionen an.
Abwägung für Landwirte
Landwirte stehen vor einer schwierigen Entscheidung. Sie müssen abwägen, ob es sich lohnt, ihren Nutztieren qualitativ schlechteren Mais zu füttern. Dies nur, weil die Chance besteht, dass Wildschweine ihn verschmähen. Die Tiere sind zudem sehr schlau. Ihre Überlegungen sind beeindruckend.
Ein Bauer könnte zum Beispiel weisskörnigen Mais am Waldrand säen. Dies soll die Wildschweine vom schmackhafteren gelbkörnigen Mais ablenken, der 500 Meter entfernt liegt. Die Sau muss dann entscheiden: Fresse ich den schlechteren Mais direkt vor meinem Unterschlupf? Oder riskiere ich, für das bessere Angebot über eine offene Fläche zu rennen, wo ich einem Jäger ausgesetzt bin? Nicht jedes Tier trifft dieselbe Entscheidung.
- Entscheidungsfaktoren für Wildschweine:
- Verfügbarkeit von Nahrung
- Geschmack und Verdaulichkeit
- Sicherheit vor Jägern
- Reifegrad der Pflanzen
Herausforderung und Forschungsansätze
Die Forschung sucht weiterhin nach Wegen, das Verhalten von Wildtieren zu beeinflussen. Was bei Wildschweinen schwierig ist, könnte bei anderen Tieren funktionieren. Ein aktuelles Projekt am Flughafen Zürich, an dem Hanspeter Hug mitarbeitet, zielt darauf ab, Mäuse von den Pisten wegzulocken. Dies soll Vogelschläge verhindern, also Kollisionen von Vögeln mit Flugzeugen.
Das Forscherteam hat zwei Mischungen von Pflanzengesellschaften entwickelt. Eine Mischung, die Mäusen besonders schmeckt, wird abseits der Pisten ausgesät. Die andere Mischung mit unbeliebteren Wurzeln wächst direkt entlang der Pisten. Die Hoffnung ist, dass die Greifvögel ihrem Futter folgen und somit von den Flugzeugen fernbleiben.
«Wir haben zwei Mischungen an Pflanzengesellschaften kreiert», sagt Hug. Jene, die den Mäusen besonders schmecken, werden abseits der Pisten ausgesät.
Hug ist gespannt auf die Ergebnisse. Er hofft, dass Mäuse nicht so eigenwillig sind wie Wildschweine. Die Erkenntnisse aus solchen Projekten könnten helfen, zukünftig Konflikte zwischen Mensch und Wildtier besser zu managen. Die Komplexität der Tierwelt erfordert jedoch ständige Forschung und Anpassung der Strategien.
Die Beobachtungen in Truttikon unterstreichen, dass Wildtiere nicht willkürlich handeln. Sie treffen Entscheidungen basierend auf sensorischen Eindrücken und Überlegungen zur eigenen Sicherheit. Dies stellt Landwirte und Wildtiermanager vor anhaltende Herausforderungen.





