Die Stadt Winterthur hat einen langfristigen Vertrag über die Lieferung von Solarstrom aus einer neuen Grossanlage in den Bündner Alpen abgeschlossen. Ab dem kommenden Jahr werden zehn Prozent der Energie aus dem Projekt Sedrun Solar in das städtische Netz eingespeist, um die Versorgungssicherheit, insbesondere in den Wintermonaten, zu erhöhen.
Das Wichtigste in Kürze
- Winterthur hat einen 20-Jahres-Vertrag mit dem alpinen Solarkraftwerk Sedrun Solar unterzeichnet.
- Die Stadt wird jährlich 10 Prozent der Gesamtproduktion der Anlage beziehen, was rund 2,9 Gigawattstunden entspricht.
- Das Projekt soll die Stromversorgung im Winter stabilisieren, wenn lokale Solaranlagen weniger Energie produzieren.
- Für die Haushalte wird eine minimale Erhöhung des Stromtarifs um etwa 0,3 Prozent erwartet.
Eine strategische Antwort auf die Winterstromlücke
Während der kalten Jahreszeit stellt die Energieversorgung eine besondere Herausforderung dar. Im Unterland, einschliesslich Winterthur, führt häufiger Nebel dazu, dass Photovoltaikanlagen auf den Dächern deutlich weniger Strom erzeugen. Die Sonneneinstrahlung ist stark reduziert, und die Energieproduktion sinkt.
Hochalpine Solaranlagen bieten hier eine wirksame Lösung. In Lagen über 2000 Metern, wie in Sedrun, befinden sich die Anlagen oft über der Nebelgrenze. Dadurch profitieren sie von intensiverer Sonneneinstrahlung und zusätzlichen Lichtreflexionen durch Schnee, was ihre Effizienz erheblich steigert.
Höhere Effizienz im Gebirge
Alpine Solaranlagen gelten als vier- bis fünfmal effektiver als vergleichbare Anlagen im Flachland, insbesondere in den Wintermonaten. Die klare Luft und die Schneereflexion maximieren die Stromausbeute.
Stefan Fritschi, FDP-Stadtrat und Werkvorsteher, bezeichnet das Projekt Sedrun Solar als einen „konkreten Problemlöser“. Er betont die energiepolitische Bedeutung der Initiative: „Als Stadt sehen wir uns auch in der Pflicht, solche Projekte zum Fliegen zu bringen“, erklärte er auf Nachfrage. Die Investition ist Teil der städtischen Strategie, eine stabile und nachhaltige Energieversorgung für die Zukunft zu sichern.
Das Projekt Sedrun Solar in Zahlen
Die Solaranlage in der Bündner Surselva ist eines der grössten Projekte dieser Art in der Schweiz und befindet sich derzeit im Bau. Die Dimensionen des Vorhabens sind beeindruckend und verdeutlichen das Potenzial der alpinen Solarenergie.
Die Anlage wird nach ihrer Fertigstellung aus 34.200 Solarmodulen bestehen, die auf einer Fläche von rund 300.000 Quadratmetern installiert werden. Diese Module werden auf 5.700 sogenannten Solartischen montiert, die eine optimale Ausrichtung zur Sonne ermöglichen.
Projektträger und Beteiligungen
Hinter dem Projekt Sedrun Solar stehen die lokale Energieversorgerin Energia Alpina und die Stromproduzentin Aventron AG. Die Stadt Winterthur ist über Stadtwerk mit 10 Prozent an der Holding von Aventron beteiligt, was den Weg für die Abnahme des Solarstroms geebnet hat.
Die erwartete Jahresproduktion der Anlage beläuft sich auf 29 Gigawattstunden (GWh) Strom. Diese Energiemenge reicht aus, um den durchschnittlichen Jahresbedarf von etwa 6.500 Haushalten zu decken. Winterthur sichert sich mit dem Vertrag einen Anteil von 10 Prozent, was 2,9 GWh pro Jahr entspricht.
Auswirkungen auf den Winterthurer Strommix
Die zusätzliche Energie aus Sedrun wird den Anteil an erneuerbaren und in der Schweiz produzierten Energien im Strommix von Stadtwerk Winterthur weiter erhöhen. Bereits heute ist der Mix mehrheitlich nachhaltig ausgerichtet.
Ende 2024 stammten laut Stadtwerk rund 92 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen. Der grösste Teil davon, über 80 Prozent, kam aus Wasserkraft, während die Solarenergie bisher einen Anteil von etwa 3,6 Prozent ausmachte. Durch den Zukauf aus Sedrun wird der Anteil an Schweizer Strom im Mix um einen halben Prozentpunkt ansteigen.
„Die minimale Tariferhöhung ist verkraftbar, besonders wenn man den Nutzen für die Versorgungssicherheit bedenkt.“
Minimale Anpassung der Stromtarife
Die Errichtung und der Unterhalt von Solaranlagen im anspruchsvollen alpinen Gelände sind kostenintensiver als im Flachland. Dies führt zu höheren Gestehungskosten für den produzierten Strom. Für die Winterthurer Bevölkerung hat dies jedoch nur geringfügige finanzielle Folgen.
Die Stadt rechnet mit einer leichten Erhöhung des allgemeinen Stromtarifs um rund 0,3 Prozent. Laut Stadtrat Fritschi ist dieser Anstieg „verkraftbar“. Dass die Kosten nicht höher ausfallen, liegt auch an der Unterstützung durch den Bund. Das Projekt profitiert von der Gesetzesinitiative „Solarexpress“, die eine Förderung von bis zu 59 Millionen Franken vorsieht.
Lokaler Ausbau geht ebenfalls weiter
Neben der Beteiligung an Grossprojekten in den Alpen treibt die Stadt Winterthur den Ausbau der Photovoltaik auch auf städtischem Gebiet konsequent voran. Die Strategie verfolgt einen doppelten Ansatz: die Nutzung grosser, externer Potenziale und die dezentrale Erzeugung vor Ort.
Ein aktuelles Beispiel ist die geplante Photovoltaikanlage auf dem Dach der Halle 710 beim Eulachpark. Diese Anlage soll künftig genug Strom für den Bedarf von knapp 80 Haushalten produzieren und leistet damit einen weiteren Beitrag zur lokalen Energiewende.
Durch die Kombination von lokalen Anlagen und der Beteiligung an alpinen Grossprojekten stärkt Winterthur seine Energieunabhängigkeit und fördert aktiv den Umstieg auf erneuerbare Energien, um für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet zu sein.





