Die Chilbi in Uster ist für viele ein fester Bestandteil des Herbstes. Fahrgeschäfte, lachende Kinder und eine ausgelassene Stimmung prägen das Bild. Für Marco Gottardi, dessen Familie seit über 80 Jahren im Schaustellergewerbe tätig ist, ist ein Herbst ohne dieses bunte Treiben undenkbar. Er und seine Familie sind tief mit der Tradition der Jahrmärkte verbunden und tragen massgeblich zu ihrer Gestaltung bei.
An diesem Abend, kurz vor 18:00 Uhr, eilt Marco Gottardi mit seinen charakteristischen Cowboy-Stiefeln zur Autoscooter-Halle auf der Ustermer Chilbi. Dort betritt er seinen Kommandoposten und ergreift das Mikrofon. Mit energischer Stimme zählt er herunter: «Drei, zwei, eins: So, Leute von heute. Einsteigen, Fahrbahn frei, die Reise beginnt, los gehts!» Dieser Ruf markiert den offiziellen Beginn des Fahrspasses und leitet eine weitere Stunde voller Adrenalin und Freude ein.
Wichtige Punkte
- Marco Gottardi führt eine über 80-jährige Familientradition im Schaustellergewerbe fort.
- Schausteller sind von März bis November landesweit im Einsatz.
- Die Chilbi Uster ist ein wichtiges regionales Ereignis.
- Der Betrieb eines Autoscooters erfordert sowohl technische Kenntnisse als auch Kundenkontakt.
- Die Branche steht vor Herausforderungen wie steigenden Kosten und Nachwuchsmangel.
Ein Leben auf Achse: Die Saison der Schausteller
Das Leben eines Schaustellers ist geprägt von ständiger Bewegung. Marco Gottardi erklärt: «Als Schausteller bist du von März bis Ende November auf Achse.» Diese neun Monate im Jahr verbringt er mit seiner Familie damit, Fahrgeschäfte von einem Ort zum nächsten zu transportieren, aufzubauen, zu betreiben und wieder abzubauen. Es ist eine anspruchsvolle Tätigkeit, die viel körperlichen Einsatz und Organisationstalent erfordert.
Die Saison beginnt oft im Frühjahr mit kleineren Frühlingsfesten und endet im späten Herbst mit den letzten Chilbis und Weihnachtsmärkten. Dazwischen liegen zahlreiche Städte und Gemeinden in der gesamten Schweiz, die von den Schaustellern besucht werden. Jedes Fest hat seine eigenen Besonderheiten und erfordert eine flexible Anpassung an die lokalen Gegebenheiten.
Faktencheck: Schausteller in der Schweiz
- Rund 150 bis 200 Schaustellerbetriebe sind in der Schweiz aktiv.
- Die Branche generiert jährlich einen Umsatz im zweistelligen Millionenbereich.
- Die meisten Betriebe sind Familienunternehmen, die Traditionen über Generationen pflegen.
- Ein durchschnittlicher Betrieb besucht pro Saison 20 bis 40 verschiedene Standorte.
Die Faszination Autoscooter: Technik und Unterhaltung
Der Autoscooter ist ein Klassiker auf jeder Chilbi. Er zieht Jung und Alt gleichermassen an. Für Marco Gottardi ist es mehr als nur ein Fahrgeschäft; es ist ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, Spass haben und für einen Moment den Alltag vergessen können. Der Betrieb erfordert nicht nur Geschick am Mikrofon, sondern auch technisches Verständnis.
Die Wartung der Fahrzeuge und der gesamten Anlage ist eine fortlaufende Aufgabe. Regelmässige Kontrollen und Reparaturen sind notwendig, um die Sicherheit der Besucher zu gewährleisten. Die Stromversorgung, die Beleuchtung und die Soundanlage müssen einwandfrei funktionieren. Sicherheit hat immer höchste Priorität im Schaustellergewerbe.
«Es ist ein tolles Gefühl, wenn man sieht, wie die Leute Spass haben und lachen. Das ist der Lohn für die ganze Arbeit, die wir das ganze Jahr über leisten», sagt Marco Gottardi über seine Motivation.
Hinter den Kulissen: Ein komplexer Betrieb
Der Aufbau eines Autoscooters ist eine logistische Herausforderung. Grosse Lastwagen transportieren die einzelnen Teile, die dann präzise zusammengesetzt werden müssen. Dies erfordert ein eingespieltes Team und viel Erfahrung. Oft beginnt der Aufbau bereits Tage vor der offiziellen Eröffnung einer Chilbi.
Die Demontage nach dem Fest ist ebenso aufwendig. Jedes Teil muss sorgfältig verpackt und für den Transport zum nächsten Standort vorbereitet werden. Dieser Kreislauf wiederholt sich Woche für Woche, Monat für Monat während der gesamten Saison.
Tradition und Herausforderungen in der modernen Zeit
Die Familie Gottardi betreibt seit über 80 Jahren Fahrgeschäfte. Dies ist ein Zeugnis für die Beständigkeit und die Leidenschaft, die in diesem Beruf stecken. Viele Schaustellerfamilien pflegen ähnliche lange Traditionen und geben ihr Wissen und ihre Erfahrungen von Generation zu Generation weiter. Diese Weitergabe von Know-how ist entscheidend für den Erhalt des Gewerbes.
Doch die Branche steht auch vor neuen Herausforderungen. Steigende Betriebskosten, strengere Sicherheitsauflagen und der zunehmende Wettbewerb um knappe Standflächen sind nur einige davon. Auch der Nachwuchs ist ein Thema; es wird immer schwieriger, junge Menschen für diesen anspruchsvollen Beruf zu begeistern, der viel Verzicht auf ein geregeltes Privatleben bedeutet.
Historischer Hintergrund der Chilbi Uster
Die Chilbi Uster hat eine lange Geschichte und ist tief in der regionalen Kultur verankert. Ursprünglich oft mit kirchlichen Festtagen verbunden, entwickelten sich Jahrmärkte zu wichtigen sozialen und wirtschaftlichen Ereignissen. Sie boten den Menschen Unterhaltung, die Möglichkeit zum Handel und zum Austausch von Neuigkeiten. Auch heute noch ist die Chilbi ein wichtiger Treffpunkt für die Gemeinschaft in Uster und Umgebung.
Die Zukunft der Schausteller: Anpassung und Innovation
Um auch in Zukunft erfolgreich zu sein, müssen Schaustellerbetriebe sich anpassen und innovativ sein. Dies bedeutet nicht nur, neue Attraktionen anzubieten, sondern auch, nachhaltige Praktiken zu integrieren und digitale Möglichkeiten zu nutzen. Viele Betriebe investieren in energieeffizientere Fahrgeschäfte und setzen auf moderne Marketingstrategien, um ein breiteres Publikum anzusprechen.
Die direkte Interaktion mit den Besuchern bleibt jedoch das Herzstück des Schaustellerberufs. Persönlicher Kontakt, freundlicher Service und das Schaffen einer Atmosphäre der Freude sind entscheidend. Marco Gottardi und seine Familie sind ein Beispiel dafür, wie diese Tradition mit moderner Professionalität verbunden werden kann, um das Chilbi-Erlebnis für kommende Generationen zu sichern.
- Regelmässige Investitionen in neue und sichere Fahrgeschäfte sind notwendig.
- Effiziente Logistik und Planung sind für den reibungslosen Ablauf der Saison unerlässlich.
- Starker Fokus auf Kundenservice und positive Erlebnisse für die Besucher.
- Anpassung an sich ändernde Vorschriften und Umweltstandards.
Die Chilbi in Uster und die Arbeit der Schausteller wie Marco Gottardi sind ein lebendiges Stück Kultur. Sie bringen Menschen zusammen und schaffen unvergessliche Momente. Trotz aller Herausforderungen bleibt die Leidenschaft für das Gewerbe ungebrochen, und die Rufe wie «Einsteigen, Fahrbahn frei, die Reise beginnt!» werden hoffentlich noch viele Jahre auf den Festplätzen der Schweiz zu hören sein.




