In Russikon im Kanton Zürich entsteht derzeit ein wegweisendes Projekt: Eine ehemals wenig fruchtbare Ackerfläche wird durch die Wiederverwertung von Erdaushub aus anderen Bauprojekten aufgewertet. Dieses Vorhaben ist ein konkreter Schritt zur Umsetzung der Schweizer Bodenstrategie, die bis 2050 ein Netto-Null-Ziel beim Bodenverbrauch anstrebt.
Wichtige Erkenntnisse
- In Russikon wird Boden aus Bauprojekten wiederverwertet, um eine Ackerfläche aufzuwerten.
- Das Projekt trägt zur Schweizer Bodenstrategie bei, die bis 2050 netto keinen Bodenverbrauch mehr vorsieht.
- Boden ist eine nicht erneuerbare Ressource und entscheidend für Nahrung, Wasser und Naturschutz.
- Mangelndes Bewusstsein und Zeitdruck auf Baustellen führen oft zu unnötigem Bodenverlust.
- Bodenkundliche Baubegleitung ist auf grösseren Baustellen Pflicht, sollte aber früher in der Planung ansetzen.
Ein grünes Projekt auf grüner Wiese
Auf den ersten Blick wirkt die Baustelle in Russikon unspektakulär. Bagger sind im Dauereinsatz, graben und schaufeln Material. Doch hier wird nicht neu gebaut, sondern Altes verbessert: Eine grüne Wiese entsteht wieder als grüne Wiese. Das Projekt in Russikon konzentriert sich auf die sogenannte Bodenaufwertung. Dabei wird Erde, die bei anderen Bauarbeiten in der Umgebung anfällt, hierhergebracht und wiederverwendet. Dadurch verbessert sich die Qualität des Bodens erheblich.
Jessica Abt begleitet dieses Projekt von Anfang an. Als bodenkundliche Baubegleiterin sorgt sie dafür, dass der Boden während der Bauarbeiten so wenig wie möglich belastet wird. Ihre Arbeit ist entscheidend, denn der Schutz des Bodens ist von grosser Bedeutung. Boden ist nicht nur die Grundlage für die Produktion unserer Nahrungsmittel, er filtert auch unser Trinkwasser und bietet Schutz vor Naturgefahren wie Überschwemmungen oder Erdrutschen.
Faktencheck Boden
- Bildung: Ein Meter nutzbarer Boden braucht über 1000 Jahre zur Entstehung.
- Funktionen: Basis für Nahrungsmittelproduktion, CO₂-Speicher, Wasserfilter, Schutz vor Naturgefahren.
- Nicht erneuerbar: Boden gilt als eine nicht erneuerbare Ressource.
Vom Problemfeld zur fruchtbaren Fläche
Das Land in Russikon war zuvor kaum noch für die Landwirtschaft geeignet. «Der Bodenaufbau stimmte nicht», erklärt Roger Reichmuth, der Bauherr des Projekts. Reichmuth ist auf Bodenaufwertungsprojekte spezialisiert. Obwohl das Feld noch für den Anbau von Zierpflanzen genutzt wurde, war seine Qualität für die klassische Landwirtschaft nicht mehr attraktiv. Durch das gezielte Auftragen von hochwertigem Bodenmaterial aus anderen Baustellen wird das Land nun wieder fruchtbarer gemacht.
Zusätzlich wird der Boden um mehrere Meter angehoben. Dies ermöglicht einen besseren, natürlichen Abfluss von Regenwasser. Zuvor war das Gebiet eine Mulde, in der sich das Wasser staute. Diese Massnahmen verbessern die Drainage und die allgemeine Bodengesundheit erheblich.
«Der Bodenschutz sollte bereits in der Planung lange bevor der erste Bagger anrollt, berücksichtigt werden.»
Schweizer Bodenstrategie: Ein langer Weg zum Netto-Null
Das Projekt in Russikon leistet einen direkten Beitrag zur Umsetzung der Bodenstrategie des Bundes. Diese Strategie, die 2020 vom Bundesrat verabschiedet wurde, hat ein klares Ziel: Ab 2050 soll in der Schweiz netto kein Boden mehr verloren gehen. Das bedeutet, dass Überbauungen weiterhin möglich sind. Gehen dabei jedoch wichtige Bodenfunktionen verloren, müssen diese an anderer Stelle durch Bodenaufwertung kompensiert werden.
Die Strategie verfolgt zudem das Ziel, degradierte Böden wiederherzustellen und vor schädlichen Belastungen zu schützen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verbesserung der Wahrnehmung von Wert und Empfindlichkeit des Bodens in der Gesellschaft. Gudrun Schwilch, Leiterin der Sektion Boden beim Bundesamt für Umwelt, betont die Wichtigkeit dieser Ziele.
Hintergrund: Die Bodenstrategie des Bundes
Die 2020 verabschiedete Strategie des Bundesrates soll sicherstellen, dass auch künftige Generationen von den vielfältigen Funktionen des Bodens profitieren können. Sie setzt sich folgende Hauptziele:
- Netto-Null-Verbrauch: Ab 2050 soll unter dem Strich kein Boden mehr verloren gehen.
- Kompensation: Verlorene Bodenfunktionen durch Überbauung müssen an anderer Stelle ausgeglichen werden.
- Wiederherstellung: Degradierte Böden sollen wiederhergestellt und geschützt werden.
- Sensibilisierung: Das Bewusstsein für den Wert des Bodens in der Gesellschaft soll gestärkt werden.
Herausforderungen im Alltag: Zeitdruck und fehlendes Wissen
Trotz der klaren Ziele ist der Weg zum Netto-Null-Ziel noch lang. Gudrun Schwilch weist darauf hin, dass das Wissen um den Wert und die wichtigen Funktionen der Böden in der Bevölkerung noch nicht breit vorhanden ist. Diese Einschätzung teilt auch Jessica Abt aus ihrer täglichen Arbeit auf Baustellen.
Oft führt der hohe Zeitdruck auf Baustellen dazu, dass wertvoller Boden fälschlicherweise auf Deponien landet. Besonders auf kleineren Baustellen wird Boden häufig mit einfachem Aushubmaterial verwechselt. Eine bodenkundliche Baubegleitung, wie sie Jessica Abt anbietet, ist in der Schweiz nur auf grösseren Baustellen Pflicht. Dies führt dazu, dass auf kleineren Projekten das Bewusstsein und die Expertise für den Bodenschutz fehlen.
Jessica Abt plädiert dafür, den Bodenschutz bereits in der frühen Planungsphase eines Bauvorhabens zu berücksichtigen. Dies würde nicht nur Schäden am Boden vermeiden, sondern auch zusätzliche Kosten reduzieren. Angesichts der Tatsache, dass die Bildung eines Meters Bodens über tausend Jahre dauert, ist der sorgsame Umgang mit dieser Ressource von entscheidender Bedeutung für die Zukunft.
Pilotprojekte und die Zukunft des Bodenschutzes
Gudrun Schwilch berichtet, dass bereits einige Pilotprojekte mit Kantonen und Gemeinden laufen. Diese sollen dazu beitragen, praxistaugliche Instrumente zu entwickeln, um den Boden in der Raumplanung besser zu berücksichtigen. Solche Initiativen sind unerlässlich, um das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen und die vielfältigen Funktionen des Bodens für kommende Generationen zu sichern.
Das Projekt in Russikon zeigt, wie durch innovative Ansätze und fachkundige Begleitung wertvoller Boden erhalten und sogar aufgewertet werden kann. Es dient als konkretes Beispiel dafür, wie die Schweiz ihre ambitionierten Umweltziele in die Tat umsetzen kann.





