Klassische Dorfrestaurants in der Schweiz stehen vor grossen Herausforderungen. Viele Betriebe, insbesondere im Zürcher Unterland, müssen Konkurs anmelden. Experten sehen die Gründe in mangelnder Planung, hohen Betriebskosten und veränderten gesellschaftlichen Gewohnheiten. Eine Neuausrichtung und Digitalisierung könnten helfen, diese traditionellen Gaststätten zu erhalten.
Wichtige Erkenntnisse
- Rund 65 Prozent der Schweizer Restaurants sind defizitär.
- Fehlende Konzepte, hohe Investitionen und gesellschaftliche Veränderungen sind Hauptursachen für das Scheitern.
- Digitale Systeme für Einkauf und Reservationen können den Betrieb optimieren.
- Verpächter müssen bessere Grundlagen für Pächter schaffen.
- Ein Umdenken bei Gastronomen und Verpächtern ist notwendig, um Dorfbeizen zu retten.
Häufige Konkurse bei Landgasthöfen
Im Zürcher Unterland mussten in jüngster Zeit mehrere Landgasthöfe Insolvenz anmelden. Der Gasthof zum Bären in Nürensdorf ist ein aktuelles Beispiel. Auch der Hardegg in Regensdorf und der Sternen in Wil waren betroffen. Diese Fälle zeigen einen klaren Trend: Klassische Dorfrestaurants kämpfen um ihr Überleben.
Daniel Marbot, ein erfahrener Gastroplaner, beschreibt die Gründe als vielschichtig. Er ist Inhaber der Firma Gemasy, die Gastrobetriebe berät. Laut Marbot beginnen die Probleme oft mit einem unzureichend ausgearbeiteten Konzept. Dazu kommen private Schwierigkeiten bei Wirtspaaren oder ein hoher Investitionsbedarf. Auch veränderte Lebensgewohnheiten der Gesellschaft spielen eine Rolle.
Faktencheck Gastronomie
- Laut Gastroplaner Daniel Marbot arbeiten etwa 65 Prozent der Schweizer Restaurants defizitär.
- Besonders betroffen sind unabhängige Betriebe, die nicht zu einer Kette gehören.
Die Bedeutung einer guten Planung
Ein Restaurant zu übernehmen, erfordert eine gründliche Planung. Daniel Marbot empfiehlt, mit einer Bestandsaufnahme zu beginnen. Darauf aufbauend sollte ein Betriebskonzept entwickelt werden. Dieses Konzept muss realistisch sein und die vorhandenen Ressourcen berücksichtigen.
«Es ist ein bisschen wie im Fussball. Ein Trainer kann sich schon die besten Spieler für sein Team wünschen, aber in der Realität muss er mit den Spielern arbeiten, die der Sportchef verpflichtet hat.»
Dieser Vergleich verdeutlicht die Notwendigkeit, mit dem Bestehenden zu arbeiten. Wunschvorstellungen müssen den realen Gegebenheiten angepasst werden. Eine solide Planung legt den Grundstein für langfristigen Erfolg.
Digitalisierung als Schlüssel zur Effizienz
Marbot rät dringend zur Einführung digitaler Systeme. Diese sollen den Einkauf sowie jeden verkauften Artikel erfassen. So behalten die Wirtsleute stets den Überblick über ihre Finanzen. Sie wissen genau, welche Gerichte und Getränke gut laufen und welche weniger.
Diese Daten ermöglichen es, die Speisekarte anzupassen. Eine kleinere Karte reduziert den Warenschwund. Weniger häufig benötigte Produkte müssen nicht weggeworfen werden. Dies hilft, Kosten zu senken und die Qualität zu sichern. Eine gleichbleibend hohe Qualität ist entscheidend, damit Gäste wiederkommen.
Hintergrund: Gemasy AG
Die Firma Gemasy AG von Daniel Marbot berät diverse Gastroanbieter. Zu ihren Kunden gehören das Doktorhaus in Wallisellen, der Betreiber der Bye Bye Bar am Flughafen Zürich und die SBB für ihre Personalrestaurants. Dies zeigt Marbots umfassende Erfahrung in der Branche.
Auch bei Reservationen ist Digitalisierung vorteilhaft. Viele Gäste rufen während der Mittagszeit an, um zu reservieren. Das Personal muss dann den Service unterbrechen. Online-Reservationssysteme entlasten das Personal. Sie reduzieren die Anzahl der Anrufe und erleichtern die Koordination der Ankunftszeiten. Das System kann automatisch dafür sorgen, dass nicht alle Gäste gleichzeitig eintreffen. Dies verhindert eine Überlastung der Küche.
Gesellschaftlicher Wandel und Infrastruktur
Nicht nur die Wirtsleute tragen Verantwortung. Die meisten Restaurants sind heute verpachtet. Pächter haben oft wenig Einfluss auf die Grundausstattung der Räume. Besonders auf dem Land sind viele Gebäude älter. Dies führt zu höheren Unterhaltskosten und -aufwand. Verpächter sollten daher eine gute Basis für den Erfolg ihrer Pächter schaffen.
Der gesellschaftliche Wandel beeinflusst ebenfalls die Gastronomie. Früher war der Stammtisch nach der Arbeit ein fester Treffpunkt. Heute gibt es vielfältigere Freizeitangebote. Daniel Marbot fasst es so zusammen:
«Früher musste man hungrige Menschen satt machen, heute muss man satte Leute hungrig machen.»
Während der Corona-Pandemie begannen viele Menschen, zu Hause zu kochen. Dies hat die Gewohnheit verstärkt, eher daheim zu bleiben. Die Pandemie hat laut Marbot bestehende Trends nur beschleunigt. Eine Anpassung an diese neuen Realitäten ist unerlässlich.
Die Notwendigkeit eines Umdenkens
Es braucht ein generelles Umdenken. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit, so Marbot. Ein reiner Fokus auf Rendite ist seiner Meinung nach schädlich für alle Beteiligten. Gastfreundschaft und ein offenes Ohr für die Gäste sind ebenso wichtig. Diese traditionellen Werte müssen mit modernen Ansätzen kombiniert werden.
Dorfrestaurants können überleben, wenn sie bereit sind, sich anzupassen. Dies beinhaltet eine professionelle Planung, den Einsatz moderner Technologien und ein Verständnis für die Bedürfnisse der heutigen Gesellschaft. Nur so können sie ihre Rolle als Treffpunkt und Herz der Gemeinde bewahren.





