Die Schweizer Hotel- und Tourismusbranche befindet sich in einer Phase des intensiven Wandels. Angesichts neuer Technologien, veränderter Gästebedürfnisse und globaler Marktdynamiken setzen Betriebe auf eine Mischung aus digitaler Innovation und der Modernisierung traditioneller Häuser. Ein zentrales Thema ist die Digitalisierung, die auf einem Fachtreffen in Zürich als entscheidender Faktor für die Zukunft identifiziert wurde.
Gleichzeitig fliessen hohe Summen in die Sanierung historischer Hotels, während neue Konzepte auf junge Zielgruppen ausgerichtet werden. Die Branche stellt sich auf neue Gästegruppen aus Übersee ein und betont die Wichtigkeit stabiler politischer Rahmenbedingungen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können.
Die wichtigsten Erkenntnisse
- Der «Digital Hospitality Day» in Zürich unterstrich die Bedeutung von KI und Datenmanagement für die Effizienzsteigerung in der Hotellerie.
- Grosse Investitionen, wie die 54 Millionen Franken teure Sanierung des Hotel Métropole in Genf, zeigen das Engagement für den Erhalt von Tradition und Luxus.
- Neue Hotelkonzepte wie das «Waldhuus Bellary» in Grindelwald zielen mit moderaten Preisen und unkonventionellem Design auf ein jüngeres Publikum.
- Der Schweizer Tourismus wird zunehmend von Fernmärkten wie Brasilien, Mexiko und Kanada getragen, während die Dynamik aus Asien und den USA nachlässt.
- Die Branche fordert von der Politik stabile Beziehungen zur EU (Bilaterale III), um den Zugang zu Fachkräften und die Planungssicherheit zu gewährleisten.
Digitalisierung als Gebot der Stunde
Die Zukunft des Gastgewerbes ist digital. Diese Erkenntnis stand im Mittelpunkt des ersten «Digital Hospitality Day», der Ende Oktober im The Circle am Flughafen Zürich stattfand. Rund 75 Fachleute aus Hotellerie, Technologie und Beratung diskutierten über die drängendsten Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation.
Organisiert wurde die Veranstaltung von den Branchenexperten Nils Betschart (Hotel Digit Services) und Fiorenzo Fässler (Hotel Inside). In Fachvorträgen und Diskussionsrunden wurde deutlich, dass künstliche Intelligenz (KI) nicht mehr nur ein Schlagwort, sondern ein konkretes Werkzeug zur Steigerung der Effizienz ist.
Mensch und Maschine im Einklang
Ein zentrales Ergebnis des Treffens war, dass Technologie den Menschen unterstützen, aber nicht ersetzen soll. Die Digitalisierung erfordere eine klare Führung und eine Strategie, die von der Unternehmensspitze getragen wird. Es gehe darum, Prozesse zu optimieren und den Mitarbeitenden mehr Zeit für die persönliche Betreuung der Gäste zu verschaffen.
Vertreter von Unternehmen wie Microsoft, Swisscom und Gastfreund betonten die Wichtigkeit eines kompetenten Umgangs mit Daten. Nur so könne das Kundenerlebnis personalisiert und verbessert werden. Der Faktor Mensch bleibe jedoch entscheidend für eine authentische Gastfreundschaft.
Innovation in den Bergen
Ein Beispiel für den praktischen Einsatz von KI ist das Projekt «Mantis Autonomy». Das KI-gestützte Überwachungssystem für Sesselbahnen wurde mit dem diesjährigen Swiss Mountain Award ausgezeichnet, der mit 10'000 Franken dotiert ist. Die Jury lobte die hohe Innovationskraft und den konkreten Nutzen für den sicheren Betrieb von Bergbahnen.
Investitionen in Tradition und neue Konzepte
Während die Branche technologisch aufrüstet, wird auch in die Substanz investiert. Ein prominentes Beispiel ist das Hotel Métropole am Genferseeufer. Die Stadt Genf investiert rund 54 Millionen Franken in die umfassende Sanierung des traditionsreichen 5-Sterne-Hauses. Dieses Engagement zeigt die Bedeutung historischer Luxushotels als Aushängeschilder für den Schweizer Tourismus.
Parallel dazu entstehen neue, unkonventionelle Angebote, die sich an ein anderes Publikum richten. Das im Juli eröffnete «Waldhuus Bellary» in Grindelwald lockt mit 70er-Jahre-Design, Discokugel und moderaten Zimmerpreisen gezielt junge und junggebliebene Gäste ins Berner Oberland. Dieses Konzept beweist, dass auch ausserhalb des Luxussegments innovative und erfolgreiche Modelle möglich sind.
Erfolg in den Destinationen
Die strategische Ausrichtung auf unterschiedliche Zielgruppen zahlt sich aus. Die Destination Gstaad verzeichnete im Sommer und Herbst deutliche Zuwächse bei den Logiernächten. Besonders beliebt waren Familienangebote, Events und neue Mobilitätslösungen, die den Gästen die Erkundung der Bergwelt erleichtern.
Auch die exklusive Ultima Collection erweitert ihr Portfolio in der Region. Mit dem «Ultima Promenade Gstaad» entsteht ein luxuriöses Chalet im Zentrum der Destination, das alpinen Rückzugsort mit individuellem Service und künstlerischem Anspruch verbindet.
Wirtschaftliche Stärke als Fundament
Die finanzielle Basis für solche Investitionen wird durch starke Unternehmensgruppen geschaffen. Die Beteiligungsgesellschaft Aevis Victoria, die sich auf Gesundheit, Hotellerie und Life Sciences konzentriert, erzielte 2024 einen Umsatz von 1,3 Milliarden Franken. Das entspricht einem Wachstum von 24 Prozent, das massgeblich durch Zukäufe im Klinikbereich angetrieben wurde. Diese wirtschaftliche Stärke sichert den Expansionskurs im Hotel- und Gesundheitssektor.
Neue Märkte und politische Rahmenbedingungen
Für das zukünftige Wachstum des Schweizer Tourismus werden neue Fernmärkte immer wichtiger. Eine Analyse von BAK Economics zeigt, dass die grösste Dynamik künftig nicht mehr aus den USA oder Asien kommen wird. Stattdessen gewinnen Länder wie Brasilien, Mexiko, die Türkei, Kanada und Australien an Bedeutung.
Diese Verschiebung erfordert angepasste Marketingstrategien und Angebote, um die Bedürfnisse der neuen Gästegruppen zu erfüllen. Die Branche muss sich auf andere Reisegewohnheiten und kulturelle Erwartungen einstellen.
Der Ruf nach stabilen Beziehungen zur EU
Um im globalen Wettbewerb bestehen zu können, ist die Branche auf verlässliche politische Rahmenbedingungen angewiesen. HotellerieSuisse, der Verband der Schweizer Hotellerie, positioniert sich klar für die Weiterentwicklung der Beziehungen zur Europäischen Union und unterstützt die Verhandlungen zu den Bilateralen III.
«Die Weiterentwicklung der Beziehungen zur EU ist für die Branche zentral, insbesondere mit Blick auf Fachkräfte, Forschung und Planungssicherheit.»
Der Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt ist entscheidend, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Stabile Verhältnisse sind zudem eine Voraussetzung für langfristige Investitionen und die Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung, die für die Innovationskraft des Sektors unerlässlich sind.
Ausblick und Branchentreffpunkte
Die Weichen für die Zukunft werden nicht nur in den Betrieben, sondern auch auf wichtigen Branchenplattformen gestellt. Die Igeho, eine der bedeutendsten Fachmessen für Hotellerie, Gastronomie und Ausser-Haus-Konsum, feiert 2025 ihr 60-jähriges Bestehen.
Für das Jubiläum ist ein umfangreiches Rahmenprogramm mit über 80 Veranstaltungen geplant. Dazu gehören Podiumsgespräche, Kochshows, Seminare und Networking-Anlässe, die den Austausch von Wissen und Ideen fördern sollen. Auch der erfolgreiche «Digital Hospitality Day» soll zu einem jährlichen Format werden; die nächste Austragung ist für Ende Oktober 2026 geplant. Diese Anlässe sind entscheidend, um gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft zu meistern und die Schweizer Hospitality-Branche nachhaltig zu stärken.





