Wissenschaftler des Wasserforschungsinstituts Eawag gewinnen wichtige Erkenntnisse über den Konsum von Suchtmitteln und die Verbreitung von Viren in der Schweiz. Ihre Daten stammen aus einer unerwarteten Quelle: dem Abwasser. Diese Analysen ermöglichen es, Trends im Drogenkonsum und die Ausbreitung von Krankheitserregern wie SARS-CoV-2 präzise zu verfolgen.
Wichtige Erkenntnisse
- Eawag analysiert Abwasserproben aus zehn Schweizer Kläranlagen.
- Das Projekt "DroMedArio" erfasst Drogen-, Medikamenten- und Alkoholrückstände.
- Die Daten zeigen räumliche und zeitliche Entwicklungen des Substanzkonsums.
- Auch die Verbreitung von SARS-CoV-2 wird im Abwasser überwacht.
- Diese Methode bietet eine anonyme und umfassende Überwachung der öffentlichen Gesundheit.
Ein Blick ins Abwasser: Die Methode der Eawag
Die Eawag, das Schweizer Wasserforschungsinstitut, nutzt eine innovative Methode, um Einblicke in die öffentliche Gesundheit und den Drogenkonsum zu erhalten. Ein interdisziplinäres Team entnimmt regelmässig Rohabwasserproben. Diese Proben stammen aus dem Zulauf von Kläranlagen in der gesamten Schweiz. Die Untersuchungen umfassen eine breite Palette von Substanzen und Mikroorganismen.
Zu den analysierten Komponenten gehören Viren, Bakterien, verschiedene Suchtmittel sowie Pharmaka und deren Stoffwechselprodukte. Diese umfassenden Analysen liefern eine Momentaufnahme der Substanzen, die von der Bevölkerung konsumiert und ausgeschieden werden. Die Methode ist besonders wertvoll, da sie anonyme und nicht-invasive Daten liefert, die herkömmliche Umfragen ergänzen können.
Fakten zur Abwasseranalyse
- Forschungsumfang: Viren, Bakterien, Suchtmittel, Pharmaka, Stoffwechselprodukte.
- Probenahme: Regelmässige Entnahme von Rohabwasser im Zulauf von Kläranlagen.
- Institut: Eawag (Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs).
- Vorteile: Anonyme, flächendeckende und zeitnahe Daten.
Das Projekt "DroMedArio": Drogen, Medikamente und mehr
Eines der zentralen Projekte, das die Eawag für das Bundesamt für Gesundheit (BAG) durchführt, trägt den Namen "DroMedArio". Dieses Akronym steht für Drogen, Medikamente, Alkohol- und Tabakrückstände. Das Hauptziel von "DroMedArio" ist es, die zeitliche und räumliche Entwicklung des Konsums verschiedener Substanzen in der Schweiz zu verfolgen. Dies ermöglicht es den Behörden, Trends frühzeitig zu erkennen und gezielte Massnahmen zu planen.
Seit mehreren Jahren werden im Rahmen dieses Projekts zehn Kläranlagen untersucht. Diese Anlagen befinden sich in der Nähe der grössten Schweizer Städte. Das Einzugsgebiet dieser Kläranlagen deckt das Abwasser eines erheblichen Teils der Schweizer Bevölkerung ab. Dadurch können repräsentative Daten für urbane Gebiete gesammelt werden.
"Unsere Abwasseranalysen bieten einen einzigartigen, anonymen Einblick in den Konsum von Substanzen und die Verbreitung von Krankheitserregern in der Bevölkerung. Diese Daten sind entscheidend für die öffentliche Gesundheitspolitik."
– Eawag-Wissenschaftler
Überwachung von Suchtmitteln und deren Trends
Die Abwasseranalysen ermöglichen es, präzise Aussagen über den Konsum von illegalen Drogen wie Cannabis und Amphetaminen zu treffen. Die Forscher können feststellen, in welcher Stadt in der Schweiz beispielsweise am meisten gekifft wird. Auch die Frage, ob der Konsum von Amphetaminen zunimmt, kann durch die Messung der entsprechenden Abbauprodukte im Abwasser beantwortet werden.
Diese Erkenntnisse sind für Präventionskampagnen und die Drogenpolitik von grosser Bedeutung. Sie zeigen, wo Schwerpunkte gesetzt werden müssen und ob bestehende Massnahmen Wirkung zeigen. Die kontinuierliche Überwachung erlaubt es, dynamische Veränderungen im Konsumverhalten der Bevölkerung zu erkennen.
Hintergrund: Abwasser als Informationsquelle
Die Idee, Abwasser zur Überwachung der öffentlichen Gesundheit zu nutzen, ist nicht neu, hat aber in den letzten Jahren, insbesondere während der COVID-19-Pandemie, an Bedeutung gewonnen. Da Menschen Stoffwechselprodukte von Drogen und Medikamenten sowie Viren über Urin und Fäkalien ausscheiden, sammeln sich diese im Abwassersystem. Die Konzentration dieser Substanzen oder Viren im Abwasser spiegelt den Konsum oder die Infektionslast der angeschlossenen Bevölkerung wider. Diese Methode ist kostengünstig und liefert schnelle Ergebnisse für eine grosse Gruppe von Menschen.
SARS-CoV-2 und andere Viren im Abwasser
Neben Suchtmitteln und Medikamenten werden auch Viren im Abwasser auf ihre Verbreitung hin untersucht. Ein aktuelles Beispiel ist das SARS-CoV-2-Virus. Die Eawag-Wissenschaftler können durch die Analyse des Abwassers feststellen, wo das Virus noch grassiert. Dies bietet eine wertvolle Ergänzung zu klinischen Tests und kann helfen, lokale Ausbrüche frühzeitig zu erkennen.
Die Überwachung von Viren im Abwasser ist besonders nützlich, da sie unabhängig von der Testbereitschaft der Bevölkerung funktioniert. Auch asymptomatische Infektionen tragen zur Viruslast im Abwasser bei. Dies ermöglicht eine umfassendere Einschätzung der epidemiologischen Lage in einer Region. Die Daten helfen den Gesundheitsämtern, die Entwicklung von Pandemien und Epidemien besser zu verstehen und entsprechende Massnahmen zu ergreifen.
Zusammenarbeit und Zukunftsperspektiven
Das interdisziplinäre Team der Eawag setzt sich aus Experten der Abteilungen Siedlungswasserwirtschaft, Umweltchemie und Umweltmikrobiologie zusammen. Diese Zusammenarbeit ist entscheidend für den Erfolg der komplexen Analysen. Die gewonnenen Daten werden dem Bundesamt für Gesundheit zur Verfügung gestellt und bilden eine wichtige Grundlage für politische Entscheidungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit.
Die Abwasseranalysen bieten ein grosses Potenzial für die Zukunft. Sie könnten nicht nur für die Überwachung bekannter Substanzen und Viren genutzt werden, sondern auch für die frühzeitige Erkennung neuer Bedrohungen. Die ständige Weiterentwicklung der Analysemethoden wird die Präzision und den Umfang der gewonnenen Informationen weiter verbessern. Dies stärkt die Fähigkeit der Schweiz, auf Herausforderungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit effektiv zu reagieren.
- Forschungspartner: Bundesamt für Gesundheit (BAG).
- Interdisziplinär: Siedlungswasserwirtschaft, Umweltchemie, Umweltmikrobiologie.
- Nutzen: Grundlage für Gesundheitspolitik und Präventionsmassnahmen.





