Die Stadt Bülach hat einen fünfjährigen Rechtsstreit um die Nutzung eines privaten Grundstücks für ihre Märkte verloren. Das Verwaltungsgericht bestätigte den Schutz des Privateigentums und wies die Beschwerde der Stadt ab. Dieser Entscheid hat für Bülach finanzielle und reglementarische Konsequenzen.
Der Konflikt drehte sich um einen gepflasterten Vorplatz an der Ecke Marktgasse/Rössligasse in der Altstadt. Die Stadt nutzte diese Fläche ohne Zustimmung des Eigentümers Hans Fischer für Marktstände und verlangte dafür Gebühren von den Standbetreibenden.
Wichtige Erkenntnisse
- Die Stadt Bülach verliert nach fünf Jahren Rechtsstreit um private Marktfläche.
- Das Verwaltungsgericht schützt Privateigentum an der Rössligasse.
- Der Rechtsstreit kostete die Stadt insgesamt 114’000 Franken.
- Das Bülacher Marktreglement muss überarbeitet werden.
Jahrelanger Konflikt um private Nutzung
Der Rechtsstreit begann, weil die Stadt Bülach den Vorplatz einer privaten Liegenschaft für ihre Marktveranstaltungen nutzte. Der Eigentümer, Hans Fischer, hatte dem nicht zugestimmt. Er äusserte mehrfach seinen Unmut darüber, dass die Stadt auf seinem Land Gebühren von den Marktbeschickern einzog.
Fischer wies auch auf wiederkehrende Probleme hin. Nach den Märkten kam es seiner Aussage nach zu Verschmutzungen und Schäden an seiner Liegenschaft. Diese wurden laut ihm nicht von der Stadt beseitigt. Er musste sich selbst darum kümmern.
«Die Stadt soll nicht mit meinem Land Geld verdienen», erklärte Hans Fischer bereits vor drei Jahren gegenüber dieser Zeitung. Er betonte, dass die Beseitigung von Schäden und Verschmutzungen nach den Märkten als Privatsache abgetan wurde.
Faktencheck
- Dauer des Rechtsstreits: Fünf Jahre
- Kosten für die Stadt Bülach: 114’000 Franken
- Betroffenes Grundstück: Ecke Marktgasse/Rössligasse
- Anzahl der jährlichen Märkte: Vier, darunter der Weihnachtsmarkt mit etwa 160 Ständen.
Hans Fischer suchte wiederholt das Gespräch mit den Verantwortlichen der Stadt. Er sprach unter anderem mit Stadtrat Daniel Ammann (FDP) und dem Leiter Bevölkerung und Sicherheit, Roland Engeler. Seine Anliegen blieben jedoch ungehört.
Einsprache und Rekurs
Im Oktober 2020 reichte Fischer eine offizielle Einsprache bei der Stadt ein. Er forderte, dass sein Grundstück nicht länger unrechtmässig genutzt werde. Die Stadt reagierte nicht auf diese Forderung.
Daraufhin legte Fischer Rekurs beim Bezirksrat ein. Dieser gab ihm im Wesentlichen recht. Der gepflasterte Teil des Grundstücks an der Rössligasse gehöre nicht zum öffentlichen Strassenraum. Die Stadt dürfe ihn somit nicht ohne Weiteres beanspruchen. Falls die Stadt die Fläche nutzen wolle, müsste sie ein Enteignungsverfahren durchführen. Bezüglich eines Landstreifens an der Marktgasse wies das Gericht Fischers Klage ab.
Hintergrundinformationen
Das Schweizer Recht schützt Privateigentum umfassend. Gemäss Bundesverfassung sind Enteignungen oder Eigentumsbeschränkungen nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Dazu gehören ein öffentliches Interesse, eine gesetzliche Grundlage und eine volle Entschädigung. Im vorliegenden Fall fehlte es an einer klaren gesetzlichen Grundlage im Marktreglement der Stadt Bülach, um eine Eigentumsbeschränkung zu rechtfertigen.
Verwaltungsgericht bestätigt Bezirksrat
Die Stadt Bülach wollte den Entscheid des Bezirksrats nicht akzeptieren. Im Juni 2022 reichte sie mit Unterstützung einer Zürcher Anwaltskanzlei Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein. Sie forderte, dass ihr die Nutzung der Fläche an der Rössligasse für Märkte weiterhin erlaubt werden sollte.
Knapp drei Jahre später, nach einer umfassenden Prüfung, erging das Urteil. Das 24-seitige Dokument wies die Beschwerde der Stadt in allen Teilen als unbegründet ab. Das Gericht betonte, dass eine Strassenparzelle im Privateigentum für den privaten Gebrauch bestimmt sei. Das Bülacher Marktreglement verfüge nicht über die nötige Bestimmtheit, um eine Eigentumsbeschränkung zu rechtfertigen. Daher habe die Stadt kein Recht, die private Fläche für die Märkte zu nutzen.
Finanzielle Folgen des Urteils
Die Stadt Bülach muss nun neben dem Honorar ihrer Anwältin Gerichtskosten in Höhe von 3425 Franken tragen. Zudem wurde sie dazu verurteilt, Hans Fischer eine Entschädigung von 3000 Franken zu zahlen. Für Hans Fischer kam der Ausgang des Verfahrens nicht überraschend.
«Es ist allgemein bekannt, dass die Bundesverfassung Privateigentum schützt», kommentierte Hans Fischer das Urteil.
Der gesamte Rechtsstreit hat die Stadt Bülach rund 114’000 Franken gekostet. Dies bestätigte Marcel Peter, Stadtschreiber ad interim. Er räumte ein, dass die Kosten angesichts der Länge und Komplexität des Verfahrens beträchtlich seien.
Neues Marktreglement erforderlich
Marcel Peter erklärte, dass es dem Stadtrat wichtig gewesen sei, in dieser komplexen Sachfrage Rechtssicherheit zu erlangen. Das Verwaltungsgericht habe sich nun sehr differenziert und ausführlich mit der Thematik auseinandergesetzt. Dies sei auch wichtig für die rechtskonforme Durchführung der traditionellen und für die Stadt bedeutenden Märkte.
Der Stadtrat bedauere zwar den Entscheid des Verwaltungsgerichts, sei aber gleichzeitig dankbar für die ausführliche Begründung. Diese ermögliche es nun, das Marktreglement zu überarbeiten und an die Vorgaben des Verwaltungsgerichts anzupassen. So sollen die Märkte künftig auf einer sicheren rechtlichen Grundlage stattfinden können.
Hans Fischer zeigte sich über das Urteil nur bedingt erfreut. Er bedauerte vor allem, dass Bülach so viele Steuergelder in einen Rechtsstreit investiert habe, dessen Ausgang seiner Meinung nach absehbar war. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig und kann nicht mehr angefochten werden.
- Nächste Schritte: Überarbeitung des Bülacher Marktreglements.
- Ziel: Sicherstellung der rechtlichen Grundlage für künftige Märkte.
Die Stadt Bülach steht nun vor der Aufgabe, die rechtlichen Rahmenbedingungen für ihre Märkte neu zu gestalten. Dies soll gewährleisten, dass solche Konflikte in Zukunft vermieden werden und die traditionellen Veranstaltungen weiterhin durchgeführt werden können, ohne private Eigentumsrechte zu verletzen.





