Das Alters- und Pflegezentrum Breiti (APZ) in Bassersdorf steht vor einer erneuten strategischen Neuausrichtung. Die Gemeinde Bassersdorf prüft die Verselbstständigung der Einrichtung, um den steigenden Anforderungen und Kosten im Pflegebereich gerecht zu werden. Dies geschieht sieben Jahre nach einem gescheiterten Versuch, das APZ in eine externe Betriebsgesellschaft zu überführen.
Die Gemeindeverwaltung reagiert damit auf ein Defizit von 850.000 Franken im Jahr 2024 und die allgemeine Zunahme des Anteils älterer Menschen in der Bevölkerung. Das Ziel ist ein kostendeckender Betrieb und eine professionellere Führung.
Wichtige Erkenntnisse
- Bassersdorf prüft erneut die Verselbstständigung des APZ Breiti.
- Das APZ verzeichnete 2024 ein Defizit von 850.000 Franken.
- Steigende Pflegekosten belasten das Gemeindebudget erheblich.
- Die Gemeinde strebt einen kostendeckenden Betrieb an.
- Fachwissen und Professionalisierung sind zentrale Gründe für die Neuausrichtung.
Hintergrund der Altersstrategie in Bassersdorf
Bassersdorf hat sich frühzeitig mit den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft auseinandergesetzt. Bereits vor Jahren initiierte die Gemeinde verschiedene Projekte zur Altersversorgung. Eine Steuergruppe 65+ befasste sich umfassend mit dem Thema. Sie erarbeitete eine Altersstrategie und schuf 2014 eine Stelle für eine Altersbeauftragte.
Diese Massnahmen sollten Bassersdorf proaktiv auf die demografischen Veränderungen vorbereiten. Die steigende Zahl älterer Personen in der Bevölkerung erfordert von Gemeinden, ihre Versorgungsstrukturen kontinuierlich anzupassen. Dies dient der Erfüllung des gesetzlichen Auftrags zur Sicherstellung der Pflege.
Faktencheck: Steigende Pflegeminuten
- 2014: 850.000 Pflegeminuten im APZ Breiti.
- 2015: Über 1.000.000 Pflegeminuten.
- 2016: Anstieg um weitere 200.000 Minuten.
Diese Zahlen belegen den Wandel des Altersheims zu einem Pflegezentrum mit erhöhtem Pflegebedarf.
Der gescheiterte Privatisierungsversuch von 2017
Im Jahr 2017 schlug der Gemeinderat Bassersdorf vor, den Betrieb des APZ Breiti zu professionalisieren. Dies sollte durch die Auslagerung an eine externe Betreibergesellschaft geschehen. Dieser Schritt war eine Reaktion auf die veränderte Klientel und die gestiegene Komplexität der Pflegeaufgaben. Das ehemalige Altersheim entwickelte sich zunehmend zu einem Pflegezentrum.
Die Zunahme der pflegerischen Leistungen war deutlich. Von 850.000 Pflegeminuten im Jahr 2014 stiegen diese auf über eine Million im Jahr 2015 und weitere 200.000 Minuten im Jahr 2016. Eine neu geschaffene geschlossene Demenzabteilung mit Garten war 2017 ein weiterer Meilenstein. Die Führung eines solch komplexen Betriebs erforderte nach Ansicht des Gemeinderates eine Entkopplung von den Gemeindestrukturen.
Die Sozialdemokratische Partei äusserte sich damals kritisch: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass Privatisierungsgelüste im Service Public nie ein gutes Ende nahmen. Gerade bei einem Geschäft wie das der Pflege von Älteren ist Vorsicht geboten; Ist eine Institution privatisiert, lässt sie sich praktisch nicht mehr zurück in die öffentliche Hand überführen.“
Trotz der engagierten Debatte und einer Bürgerinitiative lehnte die Bevölkerung den Vorschlag an der Urne ab. Das APZ verblieb somit in den Strukturen der Gemeinde.
Aktuelle Situation und erneute Prüfung der Rechtsform
Sieben Jahre nach der Abstimmung befindet sich das APZ Breiti in einer ähnlichen Lage. Der Gemeinderat prüft erneut eine Rechtsformänderung. Diesmal ist jedoch keine Privatisierung geplant. Stattdessen wird eine eigenständige Organisation in vollständigem Eigentum der Gemeinde angestrebt. Diese Massnahme soll die Professionalisierung fördern, ohne die öffentliche Hand zu verlieren.
Die Notwendigkeit dieser Schritte wird durch die steigenden Kosten im Pflegebereich untermauert. Seit dem geänderten Pflegegesetz von 2011 sind Gemeinden verpflichtet, die Pflege- und Restfinanzierungskosten zu tragen. Diese schlagen sich erheblich in den Jahresrechnungen nieder.
Finanzielle Belastung für Bassersdorf
Im Budget 2025 von Bassersdorf wird eine Zunahme der Pflegefinanzierung (stationär und ambulant) um 780.000 Franken prognostiziert. Die Kosten stiegen von 5,272 Millionen Franken im Budget 2024 auf rund 6,052 Millionen Franken für 2025. Dies entspricht einem Anstieg von 14 Prozent.
Das APZ Breiti belastete die Gemeinderechnung 2024 zusätzlich mit einem Defizit von 850.000 Franken. Dieser unerwartet hohe Betrag zwang den Gemeinderat zum sofortigen Handeln.
Ziele und Massnahmen des Gemeinderats
Das Hauptziel des Gemeinderats ist klar: Das APZ Breiti soll kostendeckend arbeiten. Gemeinderätin Selina Stampfli, zuständig für das Ressort Gesellschaft, betont die Dringlichkeit.
„Die zahlreichen Herausforderungen im Betrieb heute bestätigen, dass der Vorschlag der Verselbständigung der Professionalisierung der richtige Weg bleibt“, sagt Selina Stampfli.
Diese Erkenntnis basiert auf einer Betriebsanalyse, die wegen des hohen Defizits durchgeführt wurde. Obwohl die Pflegequalität gute Noten erhielt, wurden mehrere Massnahmen beschlossen. Dazu gehören die Aufhebung der Co-Leitung und die Suche nach einer qualifizierten Fachperson für die APZ-Leitung. Auch eine Tariferhöhung wurde umgesetzt. Ein weiterer Entscheid betrifft die Demenzabteilung.
Demenzabteilung wird integriert
Der Gemeinderat hat beschlossen, die geschlossene Demenzabteilung in eine ordentliche Pflegeabteilung zu überführen und über das ganze Haus zu integrieren. Diese Massnahme ermöglicht flexiblere Dienstpläne und einen anderen Betreuungsschlüssel.
Selina Stampfli erklärt: „Demenzielle Krankheitsbilder sind heute keine Seltenheit mehr, sondern in leichteren oder schwereren Formen bei vielen Personen zu finden. Daher haben wir uns für eine Integration entschieden.“
Die Gemeinde arbeitet zudem mit der externen Firma casea ag zusammen. Diese bringt spezifisches Fachwissen in den Prozess ein. Der Bereich der Alterspflege hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Das APZ Breiti, ehemals ein Altersheim, ist nun ein Pflegezentrum mit Bewohnern, die komplexere Krankheitsbilder und oft demenzielle Miterkrankungen aufweisen.
„Alle Probleme, die wir heute diskutieren, finden sich in den Szenarien wieder, die der Gemeinderat 2018 bereits angedacht hatte und lösen wollte. Einer der wichtigsten ist, dass für die Führung eines solchen Betriebes professionelles Fachwissen unumgänglich ist. Das können wir auf der Gemeindeverwaltung schlicht nicht aufbauen“, so Selina Stampfli.
Herausforderungen der Infrastruktur und Abgrenzung zum KZU
Das APZ Breiti ist ein älteres Gebäude. Neu gebaute Pflegeheime werden heute anders konzipiert. Die Verteilung der Bewohner auf mehrere Stockwerke macht den Betrieb aufwändiger und weniger wirtschaftlich. „Wir sind eigentlich zu klein, um den Betrieb wirtschaftlich zu führen“, bemerkt Stampfli.
Die Integration der Demenzpflege über das gesamte Haus ist auch eine Reaktion auf die baulichen Gegebenheiten und die Notwendigkeit, Ressourcen effizienter zu nutzen. Eine klare Abgrenzung zum KZU Kompetenzzentrum Pflege und Gesundheit ist weiterhin gegeben.
Stampfli erläutert die Rollenverteilung: „Komplexere Fälle, die mit Fremd- oder einer Selbstgefährdung einhergehen oder mit psychischen Einschränkungen können wir im APZ nicht pflegen, obwohl wir uns über die letzten Jahre ein gutes Fachwissen erarbeitet haben. Für solche Fälle ist das KZU spezialisiert und die richtige Institution.“
Dynamik im Gesundheitswesen
Die Gemeinderätin weist darauf hin, dass die Entwicklungen im Gesundheitswesen rasant sind. Gesundheitsinstitutionen und Gemeinden sind ständig mit neuen Anforderungen konfrontiert. Dazu kommen finanzieller Druck durch Investitionen, der Fachkräftemangel und sich ändernde gesetzliche Vorgaben.
„Die Dynamik im Gesundheitswesen ist enorm in den letzten Jahren. Laufend werden Gesundheitsinstitutionen und die Gemeinden mit neuen Anforderungen konfrontiert, die sie umsetzen müssen. Dazu kommt der finanzielle Druck von Investitionen, der Fachkräftemangel und gesetzliche Vorgaben, die vielleicht nicht immer für alle Personen sicht- und erkennbar sind“, so Selina Stampfli.
Die vorgeschlagene Verselbstständigung des APZ Breiti ist keine „Pflästerlipolitik“, sondern eine notwendige Reaktion auf diese vielfältigen und komplexen Herausforderungen. Sie soll langfristig eine professionelle und wirtschaftliche Führung des Pflegezentrums sicherstellen.





