Die Lufthansa-Konzernleitung in Frankfurt fordert von ihrer Schweizer Tochtergesellschaft Swiss ein umfassendes Sparprogramm. Neue interne Dokumente zeigen, dass die Swiss jährlich Hunderte Millionen Franken mehr zum Konzerngewinn beisteuern soll. Dies geschieht, obwohl die Swiss innerhalb der Lufthansa-Gruppe bereits die besten operativen Ergebnisse liefert.
Das Management in Frankfurt sieht trotz der guten Zahlen ein hohes Effizienzpotenzial bei der Swiss. Ziel ist es, die Konzernmarge bis 2029 auf mindestens 8 Prozent zu verdoppeln. Die Swiss soll dabei einen wesentlichen Anteil leisten, was einer zusätzlichen Gewinnsteigerung von mindestens 160 Millionen Franken pro Jahr entspricht. Konservative Berechnungen deuten sogar auf das Doppelte hin.
Wichtige Punkte
- Die Swiss soll jährlich mindestens 160 Millionen Franken mehr zum Konzernergebnis beitragen.
- Lufthansa sieht hohes Sparpotenzial bei der Swiss, trotz deren starker Marge.
- Konzern plant Zentralisierung vieler Verwaltungsaufgaben der Tochtergesellschaften.
- Swiss prüft die Verschiebung von Kabinenpersonal zur Schwestergesellschaft Edelweiss.
Lufthansa-Konzern unter Druck
Der Lufthansa-Konzern, zu dem auch die Swiss gehört, kämpft mit hohen Kosten und einer komplexen Struktur. Der Aktienkurs hat sich seit Anfang 2023 trotz eines leichten Anstiegs im laufenden Jahr nicht signifikant erholt. Am jüngsten Kapitalmarkttag in München präsentierte die Konzernleitung Investoren und Analysten ihre Strategie zur Verbesserung der Finanzlage.
Die geplante Margenverdoppelung soll den Konzern profitabler machen. Aus den Präsentationen geht hervor, dass die Swiss etwa 13 Prozent des zusätzlichen Konzernertrags erwirtschaften soll. Im Jahr 2024 erzielte die Swiss einen Gewinn von fast 700 Millionen Franken. Die neuen Vorgaben bedeuten für die Schweizer Fluggesellschaft eine deutliche Erhöhung der Zielvorgaben.
Faktencheck
- Zielmarge: Verdoppelung auf mindestens 8 Prozent bis 2029.
- Zusätzlicher Gewinnbeitrag Swiss: Mindestens 160 Millionen Franken jährlich.
- Swiss-Gewinn 2024: Knapp 700 Millionen Franken.
Effizienzprogramme und Kostensenkungen
Die von Frankfurt verordneten Massnahmen umfassen sogenannte „Transformation-“ und „Efficiency-Programs“. Diese sind verbunden mit „Commercial Excellence and Cost Reduction“-Initiativen. Die Swiss soll demnach von allen grossen Airlines der Lufthansa-Gruppe den zweithöchsten Mehrgewinn beisteuern.
Nur die Lufthansa Airlines, die den deutschen Markt bedient, soll mit 70 Prozent einen noch höheren Anteil zur Margenverdoppelung beitragen. Die Lufthansa Airlines hat jedoch einen dreimal so hohen Umsatz wie die Swiss und eine deutlich schwächere Gewinnmarge, was mehr Spielraum für Verbesserungen bietet.
Kostenstruktur der Swiss im Fokus
Die Konzernspitze begründet die Sparforderungen mit den hohen Kosten der Swiss. Eine präsentierte Grafik zeigte, dass die Swiss im Vergleich zur europäischen Konkurrenz mittlerweile die höchsten Kosten trägt. Vor der Pandemie war die Swiss in dieser Hinsicht deutlich besser positioniert.
Diese Einschätzung basiert auf mehreren Faktoren. So sind die Kosten für die Leistungen der Schweizer Flugsicherung Skyguide gestiegen. Zudem steht eine Erhöhung der Lärmgebühren am Flughafen Zürich bevor. Auch die Wartung, insbesondere von Triebwerken des Herstellers Pratt & Whitney, verursacht hohe Ausgaben, da sich diese als unzuverlässig erwiesen haben.
Ein Swiss-Sprecher kommentierte die Situation: "Wir stehen unter grossem Kostendruck. Für unsere Gäste ist das im Moment nicht sichtbar, weil wir kurzfristige Mehrbelastungen intern abfedern."
Nach der Pandemie hat die Swiss ausserdem neue, teurere Gesamtarbeitsverträge mit ihren verschiedenen Personalgruppen abgeschlossen. Allein der Vertrag mit den Flugbegleitern dürfte jährliche Mehrkosten von über 100 Millionen Franken verursachen. Das hohe Kostenniveau in der Schweiz und die Aufwertung des Frankens tragen ebenfalls dazu bei. Im Gegenzug profitiert die Swiss von einer kaufkräftigen Kundschaft im Heimmarkt, was die anhaltend hohen Gewinne erklärt.
Hintergrundinformationen
Der Lufthansa-Konzern versucht seit längerem, seine Rentabilität zu steigern. Die Konzernstruktur mit mehreren eigenständigen Airlines gilt als komplex und kostenintensiv. Die aktuelle Strategie zielt auf eine stärkere Zentralisierung und Vereinheitlichung von Prozessen ab, um Synergien besser zu nutzen und die Effizienz zu steigern.
Zentralisierung und Personalmassnahmen
Ein zentraler Bestandteil des Sparprogramms ist die Bündelung zahlreicher Verwaltungsaufgaben. Dies betrifft Prozesse in der Flugsteuerung, Administration und Informatik, also Funktionen in den Betriebszentralen und Büros der Tochtergesellschaften. Swiss-Chef Jens Fehlinger betonte jedoch bereits vor einem Monat in der NZZ, dass "alles, was die Swiss ausmacht und was unsere Kunden direkt erleben", in Zürich bleiben werde. Dazu gehören die Planungsprozesse für Kabinenausstattung, Lounges und Servicekonzepte.
Der Lufthansa-Konzern kündigte zudem einen Abbau von 4000 Stellen an. Ein Swiss-Sprecher erklärte gegenüber CH Media, dass der Grossteil dieses Abbaus in Deutschland erfolgen werde, wo die meisten Konzernmitarbeitenden beschäftigt sind. In der Schweiz gebe es jedoch auch Personen, die Aufgaben für die Lufthansa-Gruppe wahrnehmen. Für diese könnten die Massnahmen relevant sein, wobei ein Stellenabbau immer das letzte Mittel bleibe.
Interne Verschiebungen bei Flugbegleitern
Bei der Swiss wird bereits versucht, den Personalbestand in der Kabine zu reduzieren. Die Swiss betont jedoch, dass diese Massnahme nicht direkt im Kontext des von der Lufthansa geforderten Effizienzprogramms stehe. Aktuell sind laut CH Media etwa 400 Flugbegleiter bei der Swiss überzählig. Ein Hauptgrund hierfür ist der Mangel an Piloten, der zu Flugstreichungen führte.
Gleichzeitig benötigt die Schwestergesellschaft Edelweiss, die auf Ferienflüge spezialisiert ist, zusätzliches Personal. Daher sucht die Swiss intern 72 Flugbegleiter, die befristet für zwei Jahre den Arbeitgeber wechseln. Für Angestellte mit wenigen Dienstjahren seien die Löhne bei Edelweiss vergleichbar, so ein Sprecher. Edelweiss ist aus verschiedenen Gründen effizienter aufgestellt als die Swiss, was die Vermutung nahelegt, dass das Wachstum im Kurzstreckengeschäft in den nächsten Jahren dort stattfinden könnte.
- 4000 Stellenabbau: Hauptsächlich in Deutschland geplant.
- 72 Flugbegleiter: Wechseln befristet zur Edelweiss.
- Zentralisierung: Verwaltungsprozesse in Flugsteuerung, Administration, IT.
Eine ähnliche Arbeitsteilung wird bereits in Deutschland vorangetrieben. Die Kernmarke Lufthansa konzentriert sich auf das Langstreckengeschäft, während kleinere Schwestergesellschaften wie Lufthansa City Airlines und Discover, deren Personal schlechter verdient, viele kürzere Strecken übernehmen.





