Die Finanzlage der Thurgauer Zentrumsgemeinden spitzt sich zu. Während sie wichtige Infrastruktur für den gesamten Kanton bereitstellen, tragen sie eine überproportionale Kostenlast. Vertreter der Städte und regionalen Zentren fordern nun eine gerechtere Verteilung der finanziellen Mittel durch den Kanton.
Das Wichtigste in Kürze
- Thurgauer Zentren tragen hohe Kosten für Infrastruktur, die von allen Kantonsbewohnern genutzt wird.
- Die demografische Entwicklung, insbesondere die Zunahme älterer Menschen, erhöht die finanzielle Belastung.
- Die Steuerfüsse in den Zentren sind deutlich höher als in ländlichen Gemeinden, was auf eine ungleiche Lastenverteilung hindeutet.
- Die betroffenen Gemeinden fordern eine Anpassung des kantonalen Finanzausgleichs.
Die wachsende finanzielle Kluft im Thurgau
Die finanzielle Situation vieler Thurgauer Gemeinden ist angespannt. Besonders betroffen sind die zwölf kantonalen und regionalen Zentren, zu denen Städte wie Frauenfeld, Kreuzlingen und Arbon gehören. Diese Gemeinden beherbergen zwar nur 48 Prozent der Thurgauer Bevölkerung, stellen aber Arbeitsplätze für 56 Prozent aller Arbeitnehmenden im Kanton bereit.
Gleichzeitig sind sie die Standorte für zentrale Einrichtungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Kultur und Verkehr. Diese Infrastruktur wird von der gesamten Bevölkerung des Kantons genutzt, die Kosten dafür tragen jedoch hauptsächlich die Zentrumsgemeinden.
Was sind Zentrumslasten?
Zentrumslasten bezeichnen die finanziellen Aufwendungen, die eine Gemeinde für Dienstleistungen und Infrastruktur erbringt, die nicht nur den eigenen Einwohnern, sondern auch der Bevölkerung der umliegenden Region zugutekommen. Dazu zählen beispielsweise Spitäler, Kantonsschulen, Theater oder wichtige Verkehrsknotenpunkte.
Alarmierende Finanzkennzahlen
Eine Analyse des Kantonalen Amtes für Daten und Statistik zeigt einen negativen Trend. Im Jahr 2022 wiesen noch 35 der 80 Thurgauer Gemeinden durchweg positive Finanzkennzahlen auf. Ein Jahr später, 2023, waren es nur noch 25.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Steuerfüssen wider. Laut dem Verband Thurgauer Gemeinden mussten neun politische Gemeinden für das laufende Jahr den Steuerfuss anheben, während ihn nur drei senken konnten. Erstmals seit einem Jahrzehnt ist auch der durchschnittliche Gemeindesteuerfuss im Kanton wieder angestiegen.
"Die Schere geht immer weiter auseinander."
Unterschiedliche Steuerbelastung
Die steuerliche Belastung verdeutlicht das Ungleichgewicht. Thomas Niederberger, Stadtpräsident von Kreuzlingen, rechnet vor: "Die sechs grossen Zentren haben einen durchschnittlichen Steuerfuss von 64 Prozent. Die sechs regionalen Zentren liegen bei 56 Prozent, während die kleineren Gemeinden einen Schnitt von 50 Prozent aufweisen." Diese Differenz zeigt, dass die finanzielle Last in den Zentren deutlich höher ist.
Fallbeispiel Frauenfeld: Die Kosten des Alterns
Anlässlich einer Medienorientierung verdeutlichte der Frauenfelder Stadtpräsident Claudio Bernold die Problematik am Beispiel des Alterszentrums Park (AZP). Die demografische Entwicklung führt zu einer Konzentration älterer Menschen in den Städten und Zentren.
"Gerade im Alter ziehen die Menschen vermehrt in die Zentrumsgemeinden, um von einer besseren Infrastruktur und einem guten Versorgungsangebot zu profitieren", erklärte Bernold. Dies betrifft insbesondere den Zugang zu Ärzten, Spitälern, Pflegeeinrichtungen und öffentlichen Verkehrsmitteln.
Demografischer Wandel als Kostentreiber
Der Zuzug älterer Menschen in die Zentren führt zu steigenden Gesundheits- und Pflegekosten. Da viele Senioren so lange wie möglich zu Hause bleiben möchten, ist der Pflegebedarf bei einem späteren Eintritt ins Pflegeheim oft bereits sehr hoch, was die Kosten für die Gemeinden weiter in die Höhe treibt.
Infrastruktur hat ihren Preis
Das Alterszentrum Park in Frauenfeld bietet ein umfassendes Angebot an Wohnen, Betreuung und Pflege. Es entlastet Angehörige und fördert die soziale Integration. Solche Einrichtungen sind jedoch mit erheblichen Investitionen und Betriebskosten verbunden.
- Hoher Infrastrukturbedarf: Bau und Unterhalt von Pflegeeinrichtungen sind kostenintensiv.
- Steigender Pflegebedarf: Mit zunehmendem Alter der Bevölkerung steigen die Ausgaben für die Pflege.
- Wohnraumdruck: Die Nachfrage nach altersgerechtem Wohnraum erhöht den Druck auf den lokalen Immobilienmarkt.
"Das AZP leistet einen wichtigen Beitrag zur Quartierentwicklung und zur Lebensqualität. Jedoch entsteht hier ein hoher Kostenfaktor für die Gemeinde", so Bernold. Die Stadt Frauenfeld trage die Lasten für die notwendige Infrastruktur, von der letztlich die ganze Region profitiere.
Forderung nach einem fairen Ausgleich
Die Vertreter der Zentrumsgemeinden betonen, dass gesunde Zentren für den gesamten Kanton von entscheidender Bedeutung sind. Sie kritisieren jedoch, dass der bestehende kantonale Finanzausgleich die von ihnen getragenen Lasten nicht ausreichend berücksichtigt. Während strukturschwächere Gemeinden vom Finanzausgleich profitieren, gehen die Zentren oft leer aus.
Claudio Bernold fasst die Forderung zusammen: "Wir sind der Ansicht, dass auch die Zentren ein Anrecht auf einen fairen Ausgleich durch den Kanton haben. Wir als Stadt Frauenfeld werden weiterhin den Finger drauf halten." Die Zentren fordern eine Reform des Systems, damit die Kosten für überregionale Aufgaben gerechter auf alle Schultern im Kanton verteilt werden.





