Das geplante 100-Meter-Hochhaus Rocket im Winterthurer Lokstadt-Areal wird nicht wie ursprünglich vorgesehen in Holz-Hybrid-Bauweise errichtet. Die Eigentümerin Cham Swiss Properties AG hat das Projekt umfassend überarbeitet. Statt eines Hotels sind nun zusätzliche Wohnungen geplant, um die Effizienz zu steigern und der Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum gerecht zu werden.
Wichtige Änderungen
- Verzicht auf Holz-Hybrid-Bauweise zugunsten von Stahl und Beton aus Risiko- und Wirtschaftlichkeitsgründen.
- Anstelle eines Hotels entstehen rund 50 zusätzliche Wohnungen.
- Die CO₂-Bilanz soll dank optimierter Statik und CO₂-reduziertem Beton weiterhin gut bleiben.
- Baubeginn ist für Mitte 2027 geplant, die Fertigstellung für 2030.
Neubewertung der Bauweise
Die Cham Swiss Properties AG hat sich entschieden, das Hochhaus Rocket nicht als Holz-Hybrid-Bau zu realisieren. Ursprünglich war das Projekt als potenziell höchstes Holz-Hybrid-Wohnhaus der Welt mit 100 Metern Höhe geplant. Dies hätte ein Zeichen für die Möglichkeiten des Bauens mit Holz gesetzt.
Als Gründe für die Abkehr von der Holz-Hybrid-Bauweise nennt das Unternehmen «Risikoüberlegungen und wirtschaftliche Gründe». Stattdessen kommen nun Stahl und Beton zum Einsatz. Diese Materialien sind für die Dimensionen eines Hochhauses einfacher verfügbar. Dies verbessert die Planbarkeit des Bauvorhabens erheblich.
Faktencheck
- Materialwechsel: Von Holz-Hybrid zu Stahl und Beton.
- Geplante Höhe: Unverändert 100 Meter.
- Baustart: Mitte 2027.
- Fertigstellung: 2030.
Nachhaltigkeit trotz Materialwechsel
Trotz der Anpassung der Bauweise strebt die Cham Swiss Properties AG weiterhin eine gute CO₂-Bilanz für das Projekt Rocket an. Dies soll durch eine «optimierte Statik, effizienten Materialeinsatz und CO₂-reduzierten Beton» erreicht werden, wie das Unternehmen mitteilt. Das Gold-Label des Standards Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) bleibt das Ziel.
Thomas Aebischer, Geschäftsführer der Cham Swiss Properties AG, betont im Interview die Vorteile der neuen Konstruktion. Er erklärt, dass die Stahl-Beton-Bauweise dünnere Decken ermöglicht. Dadurch werden die Räume höher, was die Wohnqualität verbessert. Die Investitionssumme bleibt bei rund 160 Millionen Franken.
«Rocket bleibt ein Leuchtturmprojekt – auch ohne Holz-Hybrid-Konstruktion. Es wird dank dem Einsatz von vergleichsweise CO₂-armem Zement und einem effizienten Einsatz von Baumaterialien einen verhältnismässig kleinen ökologischen Fussabdruck haben – praktisch gleich tief, wie wenn wir mit Holz-Hybrid gearbeitet hätten.»
Thomas Aebischer, Geschäftsführer der Cham Swiss Properties AG
Gründe für den Verzicht auf Holz-Hybrid
Aebischer erläutert die Risikofaktoren, die zu der Entscheidung führten. Die Beschaffung von Holzmaterialien für ein Projekt dieser Grössenordnung sei schwierig geworden. Der Markt für Holzelemente ist stark gewachsen, was die Nachfrage und damit die Verfügbarkeit beeinflusst. Es gibt nur wenige Lieferanten in Deutschland oder Österreich, die Träger aus Baubuche für ein solches Grossprojekt hätten liefern können.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist die lange Bauzeit von etwa drei Jahren. Tragende Holzelemente wären auf der Baustelle Wind und Wetter ausgesetzt gewesen. Holz und Wasser vertragen sich bekanntlich schlecht, was ein erhebliches Risiko darstellt. Bei kleineren Mehrfamilienhäusern mit vier bis fünf Geschossen sind Holz-Hybrid-Bauten heute gut kalkulierbar. Bei einem 100-Meter-Hochhaus sind die Herausforderungen jedoch wesentlich grösser.
Hintergrund: Holz-Hybrid-Bauweise
Die Holz-Hybrid-Bauweise kombiniert Holz mit anderen Materialien wie Beton oder Stahl. Sie wird oft als nachhaltige Alternative im Bauwesen angesehen. Bei Hochhäusern stellt die Witterungsbeständigkeit von Holz während der Bauphase eine besondere Herausforderung dar. Die Verfügbarkeit grosser Holzelemente kann ebenfalls ein limitierender Faktor sein.
Mehr Wohnungen statt Hotelnutzung
Neben der Bauweise wurde auch das Nutzungskonzept des Hochhauses angepasst. Ursprünglich war ein Radisson-Red-Hotel in den unteren Etagen vorgesehen. Nun plant die Cham Swiss Properties AG stattdessen rund 5000 Quadratmeter zusätzliche Wohnfläche. Dies entspricht etwa 50 neuen Wohnungen.
Diese Änderung zielt darauf ab, die Flächen effizienter zu nutzen. Ein Hotel benötigt viele Erschliessungsflächen für Zimmerzugänge. Wohnungen ermöglichen eine bessere Ausnutzung des Raumes. Die neuen Wohnungen sollen primär Wohnbaugenossenschaften, Studierenden und Wohngemeinschaften zugutekommen. Ein Drittel der insgesamt 300 Wohnungen, einschliesslich der Anbauten, soll im preisgünstigen Segment liegen.
Wohnraum in Winterthur
- Zusätzliche Wohnungen: Rund 50.
- Gesamtzahl Wohnungen (inkl. Anbauten): 300.
- Anteil preisgünstiger Wohnungen: Ein Drittel.
Öffentliche Terrasse und Erdgeschossnutzung
Die Baubewilligung für Rocket & Tigerli wurde bereits im April erteilt, jedoch mit Auflagen der Stadt Winterthur. Eine dieser Auflagen betrifft die öffentliche Terrasse. Es wird einen grösseren, öffentlich zugänglichen Aussichtsraum mit Panorama in Richtung Altstadt geben. Die Gestaltung dieses Raumes, damit Anwohner und Besucher sich nicht stören, wird eine Herausforderung, doch das Unternehmen ist zuversichtlich, eine gute Lösung zu finden.
Das Erdgeschoss des Hochhauses soll mit Verkaufsflächen und Gastronomie belebt werden. Die genaue Art der Nutzung – ob Restaurant, Café oder spezifische Läden – steht noch nicht fest. Klar ist jedoch, dass der Gastrobereich sich zum Dialogplatz hin öffnen und die Läden zum Gesamtkonzept der Lokstadt passen sollen.
Thomas Aebischer betont, dass die Nachfrage nach günstigem Wohnraum in Winterthur gross ist. Dies war ein wichtiger Faktor für die Entscheidung, mehr Wohnungen zu schaffen. Das Projekt Rocket & Tigerli ist der letzte grosse Baustein auf dem Lokstadt-Areal. Die Cham Swiss Properties AG besitzt in Winterthur bereits die Gebäude Habersack, Draisine und Rapide. Für die Halle Habersack wird derzeit ein Nutzungskonzept erarbeitet. Im Dezember eröffnet zudem das Casino in der Halle Rapide.





