Die Stadt Winterthur verzeichnet einen neuen Höchststand an Beschwerden gegen Schul- und Klassenzuteilungen. Insgesamt 164 Eltern haben dieses Jahr gegen die Zuteilungen ihrer Kinder protestiert. Dies ist die höchste Zahl seit Beginn der gesamtstädtischen Erfassung. Hauptgrund für die Unzufriedenheit ist oft die knappe Verfügbarkeit von Schulräumen, die ungewöhnliche Zuteilungen notwendig macht.
Die Zahlen zeigen, dass die Herausforderungen bei der Schulraumplanung in Winterthur zunehmen. Trotz mehrerer Anpassungen im Verfahren bleibt die Gesamtzahl der Reklamationen hoch, was auf einen anhaltenden Druck auf das Bildungssystem hindeutet.
Wichtige Erkenntnisse
- 164 Reklamationen gegen Schulzuteilungen in Winterthur, ein neuer Rekord.
- Anpassungen im Beschwerdeverfahren führten zu weniger Rekursen beim Bezirksrat (fünf Fälle).
- Schulraumknappheit zwingt zu Zuteilungen ausserhalb der Wohnquartiere.
Zahl der Reklamationen erreicht neuen Höhepunkt
Die Schulpflege Winterthur hat in diesem Jahr eine beispiellose Anzahl von 164 Reklamationen von Eltern erhalten, die mit den Schul- oder Klassenzuteilungen ihrer Kinder nicht einverstanden waren. Diese Zahl übertrifft die des Vorjahres, als 149 Beschwerden eingingen. Im Jahr 2023, direkt nach einer Reorganisation, waren es lediglich 70 Fälle. Selbst diese Zahl wurde damals als hoch empfunden.
Die Beschwerden betreffen zwar nur einen kleinen Teil der rund 5000 vorgenommenen Zuteilungen. Dennoch bedeuten sie einen erheblichen Aufwand für die betroffenen Familien und die Schulbehörden. Die Schulpflege hat in den letzten Jahren verschiedene Massnahmen ergriffen, um die Anzahl der Einsprachen zu reduzieren und das Verfahren zu optimieren.
Faktencheck
- 2024: 164 Reklamationen
- 2023: 149 Reklamationen
- 2022 (nach Reorganisation): 70 Reklamationen
Anpassungen im Beschwerdeverfahren
Nach dem ersten Jahr der Reorganisation versuchte die Schulpflege, die Zahl der Reklamationen zu senken, indem sie Begründungsschreiben zu den Zuteilungsentscheiden mitschickte. Diese Änderung hatte jedoch unerwartete Folgen für den Rechtsweg. Eltern, die eine andere Zuteilung wünschten, mussten sich direkt an den Bezirksrat wenden, anstatt zuerst bei der Schulpflege vorzusprechen. Dies führte zu einem Rekord von 94 Rekursen beim Bezirksrat.
"Die hohe Zahl an Rekursen war letztes Jahr für alle Beteiligten eine grosse Belastung", sagt Markus Fischer, Mitglied der Schulpflege und verantwortlich für die Zuteilungen.
Er weist auch auf die Verwirrung hin, die durch die zwei unterschiedlichen Beschwerdewege entstand: Ein Rekurs beim Bezirksrat für Schulhausumteilungen und ein Gesuch bei der Schulpflege für Klassenumteilungen.
Neues Vorgehen zeigt Wirkung
Die Stadt passte das Vorgehen erneut an. Die Zuständigkeit für die Schulhauseinteilung wurde von der Schulpflege an die fünf Bildungschefs übertragen. Dieser Schritt änderte den Prozess grundlegend: Alle Eltern müssen nun zuerst ein Gesuch um Neubeurteilung einreichen. Erst danach können sie beim Bezirksrat einen Rekurs einlegen.
Diese Anpassung führte zum gewünschten Ergebnis: Die Zahl der Rekurse beim Bezirksrat sank auf fünf Fälle. In einem ersten Schritt prüften die Schulleitungen und Leitungen Bildung 60 von insgesamt 164 gültigen Gesuchen erneut. Sie kamen den Anliegen der Eltern in diesen Fällen entgegen.
Die verbleibenden 88 Gesuche wurden von der Schulpflege beurteilt, wobei zwei davon bewilligt wurden. Von den ursprünglich 164 Reklamationen führten schliesslich nur fünf zu einem Rekurs beim Bezirksrat. Alle diese Rekurse wurden abgelehnt. Dies zeigt eine Verschiebung der Beschwerden von Rekursen zu Gesuchen um Neubeurteilung.
Hintergrundinformationen
Die Reorganisation der Winterthurer Schulbehörden hatte zum Ziel, die Verwaltung zu straffen und die Abläufe zu optimieren. Die anfänglich hohen Reklamationszahlen zeigten jedoch, dass die direkten Auswirkungen auf die Eltern und Schüler zusätzliche Anpassungen erforderten, um Akzeptanz und Verständnis zu fördern.
Kosten für Eltern und Erfolgsquoten
Die Veränderung des Verfahrens hat auch finanzielle Auswirkungen für die Eltern. Ein Rekurs beim Bezirksrat ist mit Verfahrenskosten von bis zu 700 Franken verbunden. Diese Kosten galten zuvor als "abschreckend". Durch das neue Vorgehen, das zuerst ein kostenloses Gesuch vorsieht, entfallen diese Kosten zumindest teilweise.
Die Erfolgsaussichten für die Eltern blieben dieses Jahr vergleichbar mit den Vorjahren. Im ersten Jahr der Reorganisation setzte sich etwa die Hälfte der reklamierenden Eltern durch. Im letzten Jahr war es noch ein Drittel. Dieses Jahr waren es 62 von 149 Gesuchen, was knapp über einem Drittel liegt.
Nähe zur Basis angestrebt
Die Zuteilungskompetenz liegt nun bei den Leitungen Bildung. Diese sind operativ tätig und leiten die fünf Schulgebiete, im Gegensatz zur strategisch ausgerichteten Schulpflege. Dies soll eine "Verschiebung näher an die Basis" bewirken, so Markus Fischer. Er ist überzeugt, dass engere Absprachen zwischen den Bildungschefs und den Schulleitungen im nächsten Jahr die Anzahl der Gesuche um Neubeurteilung weiter reduzieren können.
Herausforderung Schulraumknappheit
Ein wesentlicher Grund für die vielen Reklamationen ist die anhaltende Schulraumknappheit in Winterthur. Aufgrund steigender Schülerzahlen und begrenzter Kapazitäten in den bestehenden Schulgebäuden müssen immer wieder Kinder in andere Schulhäuser eingeteilt werden als ursprünglich erwartet. Dies führt oft zu Unzufriedenheit bei den Familien.
Ein Beispiel hierfür ist Neuhegi, wo das Schuldepartement die geografischen Zuteilungskriterien anpassen musste. Auch in Töss mussten mehrere Sekundarschüler in die Schulhäuser Heiligberg und St. Georgen in der Altstadt wechseln, anstatt das näher gelegene Schulhaus Rosenau zu besuchen. Der Schulweg beträgt in diesem Fall rund 2,5 Kilometer.
Zumutbare Schulwege
- Sekundarstufe Winterthur: Bis zu 5 km mit Velo, 3 km ohne Velo.
Markus Fischer erklärt: "Die Schulwege werden von den Eltern oft als zu gefährlich oder zu lang eingeschätzt. Gesetzlich gelten diese jedoch als zumutbar." Bei den Fällen in Töss wurden alle Gesuche um Neubeurteilung abgelehnt, da die Distanzen innerhalb der gesetzlichen Vorgaben lagen.
Die Schulpflege versucht, durch Informationsabende für Eltern "unkonventionelle Zuteilungen" zu erläutern. Diese Massnahmen hätten "zumindest teilweise" das Vertrauen der Eltern gestärkt. Es gebe jedoch weiterhin Potenzial, um mehr Verständnis bei den Eltern zu schaffen und somit die Anzahl der Reklamationen zu senken.





