Die Gemeinde Marthalen im Kanton Zürich plant, das bestehende Feuerwehr- und Ärztezentrum am Bahnhof um ein Stockwerk zu erweitern. Ursprünglich war lediglich eine Dachsanierung notwendig geworden. Diese Notwendigkeit wird nun genutzt, um dringend benötigten Raum für medizinische Praxen und physiotherapeutische Einrichtungen zu schaffen. Das Projekt, das voraussichtlich 2,5 bis 3 Millionen Franken kosten wird, soll dem wachsenden Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen in der Region gerecht werden.
Wichtige Punkte
- Ein Baumangel am Dach des Gebäudes erfordert eine umfassende Sanierung.
- Der Gemeinderat schlägt vor, die Sanierung mit einer Aufstockung zu verbinden, um zusätzlichen Raum zu gewinnen.
- Ärzte und Physiotherapeuten in Marthalen benötigen mehr Platz für ihre Praxen.
- Das Projekt wird auf 2,5 bis 3 Millionen Franken geschätzt.
- Das Stimmvolk von Marthalen wird über die Umsetzung des Projekts abstimmen.
Dachschaden als Auslöser für Erweiterungspläne
Ein gravierender Baumangel am Dach des Feuerwehr- und Ärztezentrums in Marthalen zwingt die Gemeinde zu handeln. Nach nur 16 Jahren Betriebszeit müssen grosse Teile der Dachkonstruktion ersetzt werden. Matthias Stutz, Gemeindepräsident von Marthalen, bezeichnet die Situation gegenüber der «Andelfinger Zeitung» als «ärgerlich». Die im Jahr 2009 verwendeten Schrauben liessen Wasser durch, was zu einer Fäulnis der darunterliegenden Holzbalken führte.
Dieser Mangel ist kein Einzelfall. Bereits vor vier Jahren informierte die damalige Eternit, heute Swisspearl Schweiz AG, das Bundesamt für Bauten und Logistik über diese Schwachstelle. Daraufhin wurde angeordnet, alle betroffenen Dächer auf eigene Kosten mit zusätzlichen Schrauben zu sichern. Bei diesen Arbeiten entdeckte die ausführende Firma Günthardt aus Truttikon das Ausmass des Schadens an der gesamten Balkenlage in Marthalen.
Fakten zum Dachschaden
- Alter des Daches: 16 Jahre
- Ursache: Undichte Schrauben von 2009
- Folge: Fäulnis der Holzbalken
- Betroffene Fläche: Grosse Teile der 1736 Quadratmeter Dachfläche
Rechtliche Schritte und Kostenfrage
Für die Gemeinde Marthalen ist die Situation finanziell belastend. Sie muss voraussichtlich für den Schaden aufkommen. Gemeindepräsident Stutz erklärt: «Wir haben einen Anwalt beigezogen, finden aber niemanden, bei dem wir Regress nehmen können.» Die rechtlichen Möglichkeiten zur Rückforderung der Kosten sind demnach begrenzt.
Eine reine Neubedachung der 1736 Quadratmeter grossen Dachfläche würde gemäss Schätzungen rund 0,5 Millionen Franken kosten. Sollte diese Sanierung mit einer Indach-Photovoltaik-Anlage kombiniert werden, würden die Kosten auf etwa 0,75 Millionen Franken steigen. Auch das Dach des Theoriesaals müsste in diesem Zuge saniert und mit Solarzellen ausgestattet werden. Diese Massnahmen würden jedoch abgesehen von der Stromerzeugung keinen weiteren Mehrwert für die Gemeinde schaffen.
«Ärgerlich ist das netteste Wort», so Gemeindepräsident Matthias Stutz zur «Andelfinger Zeitung» bezüglich des Baumangels.
Wachsender Bedarf an medizinischen Flächen
Der Gemeinderat sieht im notwendigen Dachersatz eine Chance zur Erweiterung. Der Bedarf an zusätzlicher Fläche im Ärzte- und Physiotherapiebereich ist in Marthalen deutlich gestiegen. Es besteht seitens der Ärzteschaft und der Physiotherapie «erhebliches Interesse» an mehr Raum.
Hausarzt Felix Liebscher bestätigt diese Einschätzung. Seine Praxis, ursprünglich für drei Ärztinnen und Ärzte konzipiert, arbeitet heute mit bis zu fünf Praktizierenden an ihrer Kapazitätsgrenze. Liebscher betont: «Wir könnten mehr leisten – der Bedarf ist da. Wir wollen zur Verfügung stehen.» Er verweist auf das wachsende Einzugsgebiet und die Schliessungen von Praxen in der umliegenden Region, welche den Druck auf die verbleibenden Einrichtungen erhöhen.
Hintergrund zum Platzbedarf
Die Bevölkerungszahl in Marthalen und den umliegenden Gemeinden ist in den letzten Jahren gestiegen. Gleichzeitig hat die Anzahl der Arztpraxen in der Region abgenommen. Dies führt zu einer erhöhten Nachfrage nach medizinischen Dienstleistungen und einem grösseren Patientenaufkommen in den bestehenden Praxen. Der zusätzliche Raum würde eine bessere Versorgung der Bevölkerung ermöglichen.
Physiotherapie benötigt ebenfalls Erweiterung
Auch die Physiotherapie Wyland AG ist in den letzten Jahren gewachsen. Inhaberin Barbara Steiger musste Anfang 2023 zusätzliche Räume im Dorf anmieten. Diese Aufteilung auf mehrere Standorte ist logistisch aufwendig und erschwert den Praxisablauf. Sie würde es bevorzugen, die gesamte Physiotherapie unter einem Dach zu vereinen. Eine Aufstockung des Ärzte- und Feuerwehrzentrums würde diese Möglichkeit bieten und die Effizienz der Praxisabläufe verbessern.
Die Schaffung von mehr Raum würde es beiden medizinischen Einrichtungen ermöglichen, ihr Leistungsangebot zu erweitern, neue Fachkräfte einzustellen und die Patientenversorgung zu optimieren. Dies ist besonders wichtig angesichts der demografischen Entwicklung und des steigenden Bedarfs an Gesundheitsdienstleistungen.
Projektkosten und Bürgerentscheid
Die statischen Gegebenheiten und die Bauweise des bestehenden Gebäudes erlauben eine Aufstockung in leichter Holzkonstruktion. Diese zusätzliche Etage könnte durch Stützen stabilisiert werden. Die grobe Kostenschätzung für das gesamte Aufstockungsprojekt liegt zwischen 2,5 und 3 Millionen Franken. Die genauen Kosten hängen unter anderem von der Erschliessung der neuen Etage ab, beispielsweise von der Installation eines Aufzugs oder der Anpassung von Treppenhäusern.
Für das Budgetjahr 2026 hat die Gemeinde Marthalen bereits 80'000 Franken für ein Vorprojekt eingestellt. Nach Abschluss dieser Planungsphase wird das Stimmvolk von Marthalen an der Urne über die Umsetzung des Projekts entscheiden. Dies unterstreicht die demokratische Entscheidungsfindung in der Gemeinde und gibt den Bürgern die Möglichkeit, direkt Einfluss auf wichtige Infrastrukturprojekte zu nehmen.
- Geschätzte Projektkosten: 2,5 bis 3 Millionen Franken
- Kosten für Vorprojekt im Budget 2026: 80'000 Franken
- Entscheidung: Durch Urnenabstimmung des Stimmvolks
Die Aufstockung des Gebäudes wäre eine nachhaltige Lösung, da sie nicht nur den aktuellen Raumbedarf deckt, sondern auch die Lebensdauer des Gebäudes verlängert und die Infrastruktur der Gemeinde zukunftssicher macht. Die Integration von Photovoltaik-Anlagen könnte zudem einen Beitrag zur Energiewende leisten und die Betriebskosten senken.
Das Projekt in Marthalen zeigt, wie ein unerwarteter Schaden als Katalysator für eine umfassende und zukunftsgerichtete Entwicklung dienen kann. Die Kombination aus notwendiger Sanierung und strategischer Erweiterung könnte einen erheblichen Mehrwert für die Gesundheitsversorgung der lokalen Bevölkerung schaffen.





