Die Neuvergabe von Jagdrevieren im Kanton Zürich sorgt für Diskussionen. Besonders in Bassersdorf hat ein Rechtsstreit um das lokale Jagdgebiet zu einer unerwarteten Wendung geführt. Ein Jäger, der zuvor aus der örtlichen Jagdgesellschaft ausgeschlossen wurde, erhielt nach einem Rekurs den Zuschlag für die Pachtperiode 2025 bis 2033. Dies hat bei der bisherigen Gesellschaft für grosse Enttäuschung gesorgt und die Dynamik der Jagdverwaltung in der Gemeinde verändert.
Wichtige Punkte
- Der Gemeinderat Bassersdorf musste die Vergabe des Jagdreviers nach einem Rekurs neu bewerten.
- Fabian Moser, ein ehemaliges Mitglied der Jagdgesellschaft, erhielt den Zuschlag.
- Im Kanton Zürich sind derzeit acht Rekurse gegen Jagdreviervergaben anhängig.
- Die neue Punktevergabe durch die Gemeinde ist für die bisherige Jagdgesellschaft nicht nachvollziehbar.
Streit um Jagdrecht in Bassersdorf eskaliert
Die Vergabe der Jagdreviere im Kanton Zürich erfolgt alle acht Jahre neu. Gemäss Gesetz müssen die Gemeinden die Gebiete ausschreiben. In Bassersdorf hat dieser Prozess zu einem intensiven Konflikt geführt. Die bisherige Jagdgesellschaft, die das Revier seit langer Zeit betreut hatte, sah sich plötzlich mit einer unerwarteten Konkurrenz konfrontiert.
Der Kern des Konflikts liegt in der Person Fabian Moser, einem 47-jährigen Einheimischen, der hauptberuflich als Ranger arbeitet. Moser war bis vor zwei Jahren Mitglied der Bassersdorfer Jagdgesellschaft, wurde aber nach internen Differenzen ausgeschlossen. Nun kehrte er als erfolgreicher Bieter zurück und sicherte sich das Revier.
Fakten zur Jagdvergabe
- 160 Jagdreviere gibt es im Kanton Zürich.
- Die Vergabe erfolgt alle acht Jahre.
- Neu entscheidet ein Punktesystem über den Zuschlag, nicht mehr die höchste Offerte.
- Aktuell sind acht Rekurse im Kanton Zürich hängig.
Rekurs führt zu Neuausschreibung
Der erste Vergabeprozess in Bassersdorf wurde nach Mosers Rekurs vom Bezirksrat Bülach aufgehoben. Der Bezirksrat stellte Mängel bei der ursprünglichen Punktevergabe fest. Diese Entscheidung führte zu einer erneuten Bewertung der Bewerbungen durch die Gemeinde während der Sommerferien. Bei dieser zweiten Vergabe lagen Fabian Moser und sein Jagdpartner überraschend vorne.
Peter Grieder junior, Obmann der bisherigen Jagdgesellschaft, äusserte sich enttäuscht.
«Was hier passiert ist, trifft uns sehr», sagte Grieder. Er bezeichnete die Situation als «total lätz» und sprach von einer «Dorfposse». Die neue Punktevergabe sei für ihn nicht nachvollziehbar.
Hintergrund des Ausschlusses
Vor zwei Jahren schloss die Jagdgesellschaft Fabian Moser aus. Peter Grieder junior erklärte rückblickend: «Wir mussten Fabian Moser letztlich ausschliessen, weil es einfach nicht mehr ging zusammen.» Es habe zu oft unterschiedliche Meinungen gegeben, insbesondere bei der Aufgabenverteilung, Absprachen und der grundsätzlichen Ausrichtung der Jagdgesellschaft. Moser sei als nicht sehr umgänglich wahrgenommen worden.
Fabian Moser, der sechs Jahre lang Mitglied der Jagdgesellschaft war, möchte keine «Schlammschlacht» veranstalten, wie er betonte. Sein Ziel sei es, die Jagdaufgaben verantwortungsvoll zu erfüllen.
Neues Vergabesystem im Kanton Zürich
Im Kanton Zürich wurde das System zur Vergabe von Jagdrevieren geändert. Früher erfolgte dies oft über Versteigerungen an die Meistbietenden. Heute müssen die Gemeinden einen vom Kanton vorgegebenen Bewertungsbogen ausfüllen. Die höhere Punktzahl entscheidet über den Zuschlag. Dieses System soll eine bessere Qualität der Jagdausübung gewährleisten, indem fortschrittliche Konzepte, ökologische Aspekte und die Nähe zum Revier stärker berücksichtigt werden.
Unmittelbare Wirkung und weitere Rekurse
Die Aufhebung des ursprünglichen Zuschlags führte dazu, dass die zweite Vergabe als Erstvergabe gilt. Dies bedeutet, dass der Entscheid zugunsten von Fabian Moser sofortige Wirkung entfaltet. Die bisherige Jagdgesellschaft musste ihr Revier bereits abtreten. Ihr erneuter Rekurs hat keine aufschiebende Wirkung auf die jagdliche Zuständigkeit und das Jagdrecht im Revier.
Eine geordnete Revierübergabe konnte bisher nicht stattfinden. Moser kommentierte:
«Ich finde das Hin und Her der Verantwortung und Ausübung der Jagd auch mühsam und hätte eine Übergabe nach Abschluss des Verfahrens bevorzugt.»
Kosten und Infrastruktur
Die bisherige Jagdgesellschaft hat bereits «erhebliche Kosten» im fünfstelligen Bereich für Rechtsbeistände aufgewendet. Zudem gehören ihr rund 30 Hochsitze im Wald, die in Eigenleistung und mit eigenem Geld errichtet wurden. Provisorisch wurde eine Einigung über den Verkauf der Hochsitze erzielt, allerdings mit einer Rücktrittsklausel, falls sich die Situation nochmals ändert.
Gemeindepräsident schweigt zu laufendem Verfahren
Der Konflikt wurde erst durch eine öffentliche Anfrage an der Gemeindeversammlung im September bekannt. Gemeindepräsident Christian Pfaller (SVP) bestätigte lediglich das Vorliegen eines Streitfalls, gab aber keine weiteren Details preis.
«Es handelt sich um ein laufendes Verfahren, ich kann daher nichts dazu sagen», erklärte Pfaller.
Pfallers Zurückhaltung hat einen Grund: Als Vorsitzender des Gemeinderats ist er direkt in die Jagdreviervergabe involviert. Das neue Punktesystem, das erstmals angewendet wurde, sieht eine Bewertung durch den Gemeinderat vor.
Kantonale Sichtweise und emotionale Aspekte
Reto Muggler, Co-Leiter der kantonalen Fischerei- und Jagdverwaltung in Zürich, bestätigte, dass «Geld heute keine Rolle mehr spielt» bei der Vergabe. Er räumte ein, dass die Punktevergabe durch die Gemeinden einen gewissen Spielraum bei der Bewertung biete. Der Systemwechsel sei jedoch bewusst gewählt worden, um eine bessere Qualität der Jagdausübung zu fördern.
Muggler betonte die Emotionalität solcher Entscheide und appellierte an die Jägerinnen und Jäger:
«Die jagdlichen Aufgaben müssen in jedem Fall erfüllt werden.»Dazu gehören der 24-Stunden-Pikettdienst bei Wildunfällen, die Nachsuche verletzter Tiere und die Einhaltung der Abschusszahlen für Reh, Wildschwein, Fuchs, Dachs und Krähen. Zu hohe Wildbestände können Schäden in Wäldern, auf landwirtschaftlichen Flächen und in Siedlungen verursachen.
Hängige Rekurse im Kanton Zürich
- Insgesamt elf Reviere im Kanton Zürich wurden dieses Jahr von Rekursen betroffen.
- In acht Fällen sind die Verfahren noch nicht abgeschlossen.
- Die betroffenen Gemeinden liegen im Zürcher Unterland, Weinland, Oberland und Säuliamt.
Wenig Konkurrenz, aber mehr Konflikte
Obwohl in den meisten der 160 Jagdreviere des Kantons Zürich nur eine einzige Gruppe von Jägern eine Bewerbung einreichte (147 Fälle), gab es in 13 Revieren mehrere Interessenten. In elf dieser Reviere wurde gegen die Entscheidung der Gemeindebehörden rekurriert. Neben Bassersdorf sind auch andere Gemeinden im Zürcher Unterland, Weinland, Oberland und Säuliamt betroffen.
Die bejagbare Fläche in Bassersdorf beträgt 235 Hektaren. Die grössten Jagdreviere im Kanton Zürich sind bis zu fünfmal grösser und befinden sich im Weinland, Tösstal und zwischen Lägern und Rhein.
Muggler rechnet damit, dass es an manchen Orten noch länger dauern könnte, bis ein definitiver Zuschlag erfolgt. Der Fall Bassersdorf zeigt, wie komplex und emotional die Neuvergabe von Jagdrevieren sein kann, insbesondere wenn persönliche Differenzen und neue Vergabesysteme aufeinandertreffen.





