Die Gemeinde Neftenbach hat eine neue Initiative zur Förderung der Biodiversität ins Leben gerufen. Anstelle grosser Naturparks setzt das Projekt «Aufleben – mit mehr Natur» auf die Schaffung kleiner, vernetzter Lebensräume auf Balkonen, Dächern und Firmengeländen. Eine Online-Plattform bietet Bürgern und Unternehmen praktische Anleitungen, um ohne grosses Vorwissen aktiv zu werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Neue Initiative: Neftenbach startet das Projekt «Aufleben – mit mehr Natur» zur Stärkung der lokalen Biodiversität.
- Fokus auf Kleinflächen: Das Konzept setzt auf die Vernetzung von Lebensräumen auf Balkonen, Dächern, in Gärten und auf Firmengeländen.
- Digitale Unterstützung: Eine neue Plattform und der «Trittstein-Designer» helfen bei der Auswahl und Umsetzung passender Massnahmen.
- Einfache Umsetzung: Besonders im Herbst können Bürger mit einfachen Mitteln wie Laubhaufen oder dem Stehenlassen von Stauden einen Beitrag leisten.
Das Konzept der kleinen Schritte
Um die Artenvielfalt zu stärken, sind nicht immer grossflächige Naturschutzgebiete erforderlich. Die Gemeinde Neftenbach verfolgt mit ihrer neuen Strategie einen dezentralen Ansatz. Die Idee ist, ein Netzwerk aus vielen kleinen Lebensräumen, sogenannten Trittsteinen, zu schaffen. Diese sollen Tieren und Pflanzen helfen, sich zwischen grösseren Grünflächen zu bewegen und auszubreiten.
Jeder private Balkon, jeder begrünte Hinterhof und jedes Firmengelände kann zu einem solchen Trittstein werden. Laut der Gemeindeinformation ist das Ziel, die Bevölkerung zu motivieren, ungenutzte Potenziale im eigenen Umfeld zu erkennen und zu nutzen. Dieser Ansatz macht den Naturschutz zu einer gemeinschaftlichen Aufgabe, an der sich jeder beteiligen kann.
Was sind ökologische Trittsteine?
In der Ökologie bezeichnet ein Trittsteinbiotop einen kleinen Lebensraum, der isolierte Populationen von Tieren und Pflanzen miteinander verbindet. Für Insekten wie Wildbienen oder Schmetterlinge kann bereits ein blühender Balkonkasten als «Tankstelle» auf dem Weg zur nächsten Wiese dienen. Ein Netzwerk solcher Trittsteine erhöht die genetische Vielfalt und die Widerstandsfähigkeit von Arten im Siedlungsraum.
Praktische Massnahmen für den Herbst
Die Initiative hebt hervor, dass gerade der Herbst eine ideale Zeit ist, um mit einfachen Mitteln die Natur zu unterstützen. Anstatt den Garten oder Balkon «winterfest» zu machen, empfiehlt die Plattform, bewusst etwas Unordnung zuzulassen. Davon profitieren zahlreiche Tierarten, die einen Unterschlupf für den Winter suchen.
Zu den empfohlenen Massnahmen gehören:
- Stauden stehen lassen: Verblühte Stauden sollten nicht zurückgeschnitten werden. Ihre Samen dienen Vögeln als Winternahrung, und in den hohlen Stängeln überwintern viele Insekten.
- Laubhaufen anlegen: Ein Haufen aus Laub und Ästen in einer Gartenecke ist ein perfektes Winterquartier für Igel, Amphibien und unzählige Kleinstlebewesen.
- Wilde Ecken dulden: Ein kleiner Bereich im Garten, in dem Wildkräuter wachsen dürfen, bietet Lebensraum und Nahrung für eine Vielzahl von Insekten.
Diese Massnahmen kosten weder Geld noch viel Aufwand, haben aber laut Experten eine grosse Wirkung auf das lokale Ökosystem. Sie tragen direkt dazu bei, wie artenreich die Umgebung im nächsten Frühling sein wird.
Wussten Sie schon?
Ein einziger Igel kann pro Nacht bis zu 100 Schnecken fressen und ist damit ein äusserst nützlicher Helfer im Garten. Ein einfacher Laubhaufen kann entscheidend dafür sein, dass der Igel den Winter überlebt und im nächsten Jahr zur Schädlingskontrolle beiträgt.
Digitale Werkzeuge für jedermann
Um den Einstieg zu erleichtern, wurde die Online-Plattform «Aufleben – mit mehr Natur» geschaffen. Sie bündelt Informationen, Anleitungen und Praxisbeispiele. Ein zentrales Element ist der sogenannte «Trittstein-Designer».
Dieses interaktive Werkzeug hilft Nutzern dabei, die richtigen Massnahmen für ihren spezifischen Standort zu finden. Anwender können Informationen zu ihrem Balkon, Garten oder Firmengelände eingeben – etwa zur Grösse, Sonneneinstrahlung und vorhandenen Bepflanzung. Basierend auf diesen Daten generiert das Tool massgeschneiderte Vorschläge.
So funktioniert der Designer
Der Prozess ist einfach gestaltet. Nach der Eingabe der Standortdaten schlägt der Designer konkrete Projekte vor. Das kann die Installation eines Insektenhotels, die Anpflanzung einheimischer Wildblumen oder die Anlage eines kleinen Teiches sein. Zu jeder Massnahme gibt es detaillierte Anleitungen und Informationen zu den Tier- und Pflanzenarten, die davon profitieren.
«Wir möchten den Menschen zeigen, dass Naturschutz vor der eigenen Haustür beginnt und Spass machen kann. Mit dem Trittstein-Designer geben wir ihnen ein Werkzeug an die Hand, das ohne Fachwissen funktioniert», heisst es in der Mitteilung der Gemeinde.
Ein breites Netzwerk an Unterstützern
Das Projekt in Neftenbach ist Teil einer grösseren Bewegung. Die Plattform «Aufleben» wird von mehreren Gemeinden, dem Kanton und zahlreichen Unternehmen unterstützt. Diese Zusammenarbeit ist entscheidend, um die ökologische Vernetzung über Gemeindegrenzen hinweg zu fördern.
Unternehmen spielen dabei eine besondere Rolle. Ihre oft grossen Areale bieten ein enormes Potenzial für die Biodiversität. Statt monotoner Rasenflächen können Blumenwiesen angelegt, Dächer begrünt oder Fassaden bepflanzt werden. Solche Massnahmen verbessern nicht nur das lokale Klima und die Artenvielfalt, sondern steigern auch die Aufenthaltsqualität für die Mitarbeitenden.
Die Initiative sammelt das Wissen und Engagement all dieser Akteure und stellt es der Öffentlichkeit zur Verfügung. Ziel ist es, eine breite Bewegung zu schaffen, die den Wert der Natur im urbanen und suburbanen Raum erkennt und aktiv zu ihrem Schutz beiträgt. Neftenbach positioniert sich damit als eine Gemeinde, die den Herausforderungen des Artensterbens mit pragmatischen und bürgernahen Lösungen begegnet.





